Chancen der lokalen Öffentlichkeit

Salto Lokale

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Welches Potenzial steckt im Lokaljournalismus in dieser sich verändernden Medienlandschaft? Werden die ihm innewohnenden Möglichkeiten und Chancen realisiert werden und welche Zukunftsaussichten schreiben die Macher selbst dem Lokaljournalismus zu? Das sind einige von zahlreichen spannenden Fragen, auf die Fritz Wolf in dem Report "Salto Lokale", den er im Auftrag des Mainzer Mediendisputs erstellt hat, Antworten sucht. Dabei hat sich schnell herausgestellt, dass es keine einfachen Rechnungen gibt und keine simplen Rezepte.

Titelblatt des Reports
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Die neuen IVW-Zahlen des dritten Quartals 2010 sind nicht ermutigend. Weiterhin verlieren nahezu alle Tageszeitungen an Auflage, die Regionalblätter voran. Die Basis für guten Lokaljournalismus wird schmaler. Gleichzeitig verbreitern sich die Hoffnungen. Gerade Themen und Geschichten aus dem lokalen Umfeld sollen den Tageszeitungen verlorenes Terrain wieder erobern, wenigstens weiteren Terrainverlust verhindern. Lokal ist, was sonst keiner hat – so lautet das Mantra, das derzeit in jeder Debatte aufgelegt wird. Claus Morhart, Chefredakteur des Main-Echo, hat das im Interview für diese Recherche so auf den Punkt gebracht: "Man konnte früher eine schlechtere Zeitung machen und hat trotzdem an Abos zugelegt. Heute machen wir eine bessere Zeitung und verlieren trotzdem. Das ist paradox. Aber die Medienlandschaft hat sich eben verändert."bis vier größeren Geschichten und vielen kleinen Texten am Seitenrand.

Der Veränderungsdruck auf die lokalen Printmedien ist groß. Immer noch ist mit etwa 1500 Ausgaben die Zeitungslandschaft vielfältig. Fast alle Lokal- und Regionalzeitungen haben in den vergangenen Jahren experimentiert, erste Online-Auftritte gewagt, ihre Online-Auftritte verbessert. Nahezu alle Blätter haben Relaunches hinter sich gebracht - so viele, dass man fragen kann, ob es nicht Zeit wäre, statt ans Äußere auch mal wieder an Inhalte zu denken. So sieht das jedenfalls Lars Haider vom Weser-Kurier. Wenn der Eindruck nicht trügt, rotiert auch das Führungspersonal im Lokaljournalismus derzeit mit größerer Geschwindigkeit als früher, vielleicht vergleichbar den Trainer- Konjunkturen im bezahlten Fußball. Gut möglich, dass schon zwei, drei Monate nach Abschluss dieser Recherche
andere Namen in anderen Funktionen in der Wahrnehmung nach vorn rücken, neue Konzeptionen oder neue Kooperationen verkündend.

Fokus auf zahlreichen Darstellungen und Sichtweisen

Jegliches Urteil über den Lokaljournalismus muss vor Ort fallen. Nur in der jeweiligen Stadt, Region, Gemeinde oder Landschaft können die Menschen wirklich beurteilen, ob sie etwas mit ihrer Lokalzeitung anfangen können, ob sie sie als politisch aufklärerisch wahrnehmen oder als unerheblich, als heimatverbunden oder als fremdgesteuert, als demokratisch oder als obrigkeitshörig. Von einem Standpunkt außerhalb dieses lokalen Bezugs ist ein solches Urteil gar nicht möglich. Schon allein aus diesem Grund muss sich der vorliegende Report detaillierter Wertungen enthalten.

Er muss es auch wegen der äußeren Bedingungen. Das Feld des Lokaljournalismus ist groß. Es auch nur einigermaßen umfassend zu beackern, bedarf viel größeren Aufwands. Der Report konzentriert sich auf Lokalzeitungen, lokales Radio und Fernsehen bleiben ganz ausgeklammert. Der Blick musste zudem exemplarisch ausfallen. Die Auswahl der Gesprächspartner richtete sich nach der Überlegung, möglichst viele Perspektiven in die Darstellung zu bekommen. Als Gesprächspartner stellten sich zur Verfügung: vier Chefredakteure, zwei stellvertretende Chefredakteure, zwei Kommunikationswissenschaftler, zwei Blogger von regionalen Blogs mit mehr als lokalem Ruf, die Spitzenfunktionäre der beiden Journalistengewerkschaften, Berthold L. Flöper von der Bundeszentrale für Politische Bildung, die mit ihrem Lokaljournalismusprogramm eine Schlüsselstellung einnimmt.

"Man kann im Lokaljournalismus eben nicht alles erfinden"

Last but not least, beschließt ein Gruppengespräch mit drei Volontären aus Lokalzeitungen die Darstellung. Ihnen gehört das letzte Wort, schließlich sind sie die Zukunft des Lokaljournalismus. Aktive Lokalzeitungsredakteure oder – redakteurinnen wurden als Gesprächspartner nicht einbezogen - aus dem einfachen Grund, dass Zufall und Willkür bei der Auswahl zu groß gewesen wären. Die Perspektive von Redakteuren ist hoffentlich durch die Fragestellungen und durch Auswahl von Dokumenten hinreichend berücksichtigt. Fast alle für diesen Report geführten Interviews sind komplett abgedruckt, wesentliche Ansichten daraus dennoch auch im Text selbst zitiert.

Der Titel "Salto lokale" stammt aus einer Überschrift aus der Schweriner Zeitung und zierte einen Bericht vom 17. Forum für Lokaljournalismus 2007 in Schwerin. Man kann im Journalismus eben nicht alles erfinden, das meiste muss man finden. Der Anklang an den "Salto mortale" im Zirkus jedenfalls ist beabsichtigt. So soll der Titel andeuten, dass die Macher im Lokaljournalismus sich ganz schön werden anstrengen müssen, bis zum Überschlag, um ihr Medium nach vorn zu bringen. Die Frage, ob es da auch Sicherheitsnetze geben sollte, stellt sich da am Ende fast von selbst.

(Auszug aus dem Vorwort von Fritz Wolf zur Studie "Salto Lokale")

Den kompletten Report gibt es hier als kostenlosen pdf-Download

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