Lokaltipp September 2011

Die Isar in der Abendzeitung

von

Zum Abschluss jahrelanger Renaturierungsarbeiten feiert die Münchner Abendzeitung die Isar mit einer Sonderausgabe. Die Grafik ist elf Meter lang.

Ausschnitt der drehscheibe
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Die Idee

„Die renaturierte Isar ist toll geworden, und das war für München eine wichtige Sache“, sagt Chefredakteur Arno Makowsky. „Wir fanden: Eine Zeitung, die sich zur Aufgabe gemacht hat, das Leben in der Stadt zu spiegeln, kann so ein wichtiges Ereignis gar nicht groß genug würdigen.“ Die grafische Idee: Genauso, wie sich die Isar jetzt in ihrem neuen, alten Flussbett durch die Stadt schlängelt, soll sich die Isar in einer detailliert aufbereiteten Grafik am Tag des Isar-Festes durch die ganze Zeitung ziehen – auf elf Metern Länge. „Ich bin ein großer Fan dieses Konzeptjournalismus“, sagt Makowsky. „Also davon, Ideen eine schöne Form zu geben, sie nicht nur gut lesbar aufzubereiten, sondern sie auch optisch schön zu gestalten.“

Die Recherche

„Ich habe einen Überfall auf dich vor“, sagte Lokalchef Michael Schilling zu seinem Reporter John Schneider kurz nach der entscheidenden Isar-Ideen-Konferenz. Dieser Überfall entpuppte sich als einer der schönsten, aber auch anstrengendsten Recherche-Aufträge für den Redakteur der Abendzeitung. Schneider schnappte sich das Dienstfahrrad und begann, die Isar abzufahren. „Vorher habe ich mir den kompletten Flussverlauf innerhalb der Stadtgrenzen bei Google Maps ausgedruckt“, erzählt Schneider. An jedem Klohäuschen, an jeder Grillstelle, an jedem Badeplatz und an jedem Kiosk machte er halt und schrieb eine Notiz in seinen Behelfsplan. Denn der Anspruch war, eine vollständige, zuverlässige Karte der Isar anzulegen. Natürlich nicht vom ganzen Fluss, der ist 295 Kilometer lang. Aber von der Isar innerhalb der Stadtgrenzen – von Höllriegelskreuth im Süden bis zum Aumeister im Norden. Von seinen Kollegen beneidet, kam John Schneider nach zwei Tagen Radl-Recherche braun gebrannt und mit einem dicken Packen voller Notizen zurück in die Redaktion. Begleitend dazu recherchierten die Kollegen die Geschichten für die Isar-Ausgabe: den großen Artikel über die Renaturierungsarbeiten, das Porträt des Künstlers und selbst ernannten „Isar-Indianers“ Willy Michl, die bes­ten Rezepte für den Isar-Grillabend – und die große Freizeitsport-Seite über die schönsten Surf-, Bade- und Radlplätze an der Isar.

Die Umsetzung

Jetzt war AZ-Grafiker Peter Diehl gefragt. „Diese Grafik war eine echte Herausforderung“, erzählt er. „Ich musste sie leicht skalieren und kippen, sodass sie eine Art 3D-Eindruck macht, aber trotzdem leserlich bleibt.“ Die von Schneider markierten Punkte versah Diehl mit entsprechenden Piktogrammen: Brezen und Maß für Biergärten, Sonnenschirme für Badeplätze, Giraffen und Elefanten für den Tierpark Hellabrunn. Eingebettet wurde die Isar-Grafik in einen Münchner Stadtplan – um dem Leser die Orientierung zu erleichtern. „Es war ganz schön schwierig, all die Windungen und Biegungen der Isar darzustellen, ohne dabei die vom Layout vorgegebene Maximalhöhe von zehn Zentimetern zu überschreiten“, sagt Diehl. Diese Maximalhöhe musste sein, um noch genug redaktionellen Platz zu haben. In enger Abstimmung mit der Blattplanung, dem Layout und dem Chef vom Dienst ging es dann daran, die Grafik ins Blatt zu heben. Dafür musste der Seitenumfang eine Woche vorher feststehen. Denn nur so hatte Diehl genug Zeit, die fertige Grafik in die entsprechenden „Portionen“ zu zerlegen. Immerhin schlängelt sich die Isar über wirklich jede Seite – ganzseitige Anzeigen ausgenommen. Deshalb musste auch die Zahl dieser ganzseitigen Anzeigen drei Tage vorher feststehen. Nebeneinander gelegt ist die Isar-Grafik elf Meter lang. Gleichzeitig dazu experimentierte das Layout mit wellenförmigen Überschriften, die über jeder Isar-Geschichte platziert werden sollten. Rund 80 Arbeitsstunden hat Peter Diehl nach eigener Schätzung in die Grafik gesteckt. Sein Fazit: „Das war vielleicht nicht die schwierigste, aber definitiv die längste Grafik, die ich je gemacht habe.“ nach

Das Ergebnis

Das konnte sich sehen lassen: Unzählige positive Leserkommentare erreichten die Abendzeitung nach Veröffentlichung der Isar-Ausgabe. Viele Leser wollen diese Ausgabe aufheben, einige wollten damit selbst auf Isar-Entdeckungstour gehen. Und viele wollten wissen, ob man die Grafik auch als Plan bekommen könne. So viel sei verraten: Ja, wir arbeiten daran. „Ich finde, die Isar-Ausgabe ist super geworden“, sagt Chefredakteur Arno Makowsky. „Ich finde sie auch deshalb so gut, weil dieses Projekt beweist, was Zeitung kann. Was Zeitung auch besser kann als andere Medien. Im Internet kann man so eine Grafik nicht so toll hinlegen. Und ich freue mich, wenn es unsere AZ-Isar hoffentlich bald als Plan gibt. Denn dafür, dass sie nach nur einem Tag wieder verschwindet, ist sie einfach zu schön.“

Autor

Annette Zoch, stellvertretende Chefin vom Dienst der Abendzeitung.

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