Ein Fall für den Presserat

Jagdszenen im Blatt

von

In einem Kommentar kritisiert eine Autorin vehement die Praxis der Jagd. Darüber beschwert sich ein Jäger beim Presserat.

Der Fall:

„Lasst Bambi seine Mutter“, so lautet der Titel eines Kommentars, den eine Regionalzeitung veröffentlicht. Die Autorin befasst sich darin mit der Jagd und äußert die Ansicht, dass Jäger „aus reiner Lust am Töten Tiere abknallen“ würden. Den Jägern bereite dies Freude. Weiterhin vertritt sie die Auffassung, dass das meiste Wild bei der Jagd nicht sofort sterbe, sondern erst nach tagelangen Qualen verende. Zudem teilt sie mit, dass im Schweizer Kanton Genf seit 40 Jahren nicht mehr auf Wildtiere geschossen werde. Ein Jäger beschwert sich über diesen Kommentar beim Presserat. Er weist darauf hin, dass es nicht richtig sei, dass die meisten Tiere erst Tage später verendeten. Seriöse Statistiken würden das Gegenteil belegen. Zudem sei der Hinweis auf die reine Lust am Töten eine böswillige Unterstellung, die mit der Jagd nichts zu tun habe. Die Autorin schreibe außerdem für Blogs, die sich mit veganer Ernährung befassen, sie sei also voreingenommen.

Die Redaktion:

Bei dem Artikel handele es sich um die eine Hälfte einer zweiteiligen Veröffentlichung, erläutert die Redaktion. Diese sei angelegt als pointiertes und meinungsstarkes Pro und Kontra. Mit der gleichen Emotionalität, mit der die Autorin des kritisierten Beitrages gegen die Jagd zu Felde ziehe, polemisiere ihr Kollege in seinem Beitrag zum Thema gegen die grenzenlose Naivität der Jagdgegner. Die Aussage, die Jagd werde aus „Lust am Töten“ betrieben, möge einseitig, polemisch und grob parteiisch sein, aber es sei eine Meinung, die gesagt und geschrieben werden dürfe. Die Autorin des Kommentares selbst teilt mit, dass ihre Aussage, das meiste Wild sterbe nicht sofort, auf einer Erhebung einer Tierschutzorganisation basiere. Diese habe ergeben, dass bei Drückjagden auf Schwarzwild etwa 67 Prozent der Tiere nicht sofort gestorben seien. Korrekt sei auch, dass im Schweizer Kanton Genf seit mehr als 40 Jahren nicht mehr auf Wildtiere geschossen werde. Per Volksentscheid sei die Jagd 1974 verboten worden. Lediglich einige staatliche Wildhüter dürften dort seit etwa 20 Jahren wieder Wildschweine schießen.

Das Ergebnis:

Der Presserat sieht durch den Kommentar „Lasst Bambi seine Mutter“ keine presseethischen Grundsätze verletzt und weist die Beschwerde als unbegründet ab. Bei dem Kommentar handele es sich um eine presseethisch nicht zu kritisierende Meinungsäußerung der Autorin. Die Redaktion hatte in ihrer Stellungnahme zu der Beschwerde Quellen für die in dem Kommentar geäußerten Auffassungen genannt. Eine Verletzung der Sorgfaltspflicht, wie sie in Ziffer 2 des Pressekodex festgeschrieben ist, war also nicht festzustellen. Auch eine ehrverletzende Darstellung im Sinne der Ziffer 9 des Pressekodex liegt nicht vor, da die Ansicht, dass die Jäger aus Lust am Töten handeln, die Grenze zu einer Schmähung nicht überschreitet. Der vorliegende Kommentar ist eine pointierte Meinungsäußerung, welcher sogar noch ein Kommentar gegenübergestellt ist, der sich für die Jagd ausspricht. Insofern wird beiden Sichtweisen gleichzeitig Raum gegeben.

Der Kodex:

Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden. Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen. Symbolfotos müssen als solche kenntlich sein oder erkennbar gemacht werden.

Ziffer 9 – Schutz der Ehre

Es widerspricht journalistischer Ethik, mit unangemessenen Darstellungen in Wort und Bild Menschen in ihrer Ehre zu verletzen.

Oliver Schlappat

Autor

Oliver Schlappat ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Presserat.
Telefon 030 – 36 70 07-13
E-Mail: schlappat@presserat.de

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