Bericht über das Leid ehemaliger Heimkinder
Westfälische Rundschau (Dortmund)
20.11.2007
Zwei ehemalige Heimzöglinge erzählen vor ihrem alten Erziehungsheim in Dortmund und wie die Erziehungsmethoden der 50er- und 60er-Jahre ihr Leben auch noch Jahrzehnte später geprägt haben. „In der Nachkriegszeit hat es in Deutschland rund 3000 Heime für schwer erziehbare Kinder gegeben“, sagt Jürgen Potthoff, Redakteur bei der Westfälischen Rundschau (Dortmund). „Das sind keine Einzelschicksale.“ Der Verein ehemaliger Heimkinder vermittelte ihm zwei Schwestern, die vor mehr als 50 Jahren von der Jugendbehörde in das kirchliche Vincenzheim für schwererziehbare Mädchen eingewiesen worden waren. „Die Bereitschaft zum Sprechen ist bei ehemaligen Heimkindern seit einigen Jahren sehr groß“, sagt Jürgen Potthoff. „Der Verein organisiert Ansprechpartner aus jeder Region.“ Der Redakteur wollte sich nicht zu einem offiziellen Gespräch in dem Heim verabreden, sondern den Ort spontan auf die beiden Frauen wirken lassen. Der Ortstermin mit einem Fotografen dauerte zwei Stunden. Die Reaktionen auf den Artikel waren zwiespältig: Eine Leserin wollte Kontakt zu den Schwestern aufnehmen, die sie aus gemeinsamen Heimzeiten kannte, und ihre eigene Geschichte nach Jahrzehnten des Schweigens erzählen. Ein anderer Leser war von denselben Ordensschwestern in einem anderen Heim erzogen worden und hatte dort gute Erfahrungen gemacht.