Betteln ist die allerletzte Notlösung

Kölner Stadt-Anzeiger 190399
01.01.1970
Bericht über das Phänomen der versteckten Altersarmut. Sie wird in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, weil sich die Senioren schämen, auf der Straße zu betteln. Sie nehmen auch seltener die ihnen zustehende Sozialhilfe in Anspruch, weil staatliche Hilfe für sie nicht selbstverständlich ist. Dennoch ist Armut weit verbreitet, sogar unter scheinbar rundum versorgten Heimbewohnern. Werkstatt-Text aus der Drehscheibe: Zufällig ist Petra Koch-Joisten auf eine alte Frau aufmerksam geworden, die Passanten um Geld bat. Anders als jüngere Bettler oder Obdachlose gehörten diese Alten jedoch nicht zum Stadtbild, weil sie aus Scham nicht lange am selben Platz verweilen, sagt die Autorin. Nur mit erheblichem Aufwand und Hilfe einer karitativen Einrichtung sei ihr die Kontaktaufnahme gelungen, weil die alten Gelegenheitsbettler sofort weggingen, wenn man sie anspricht. Sie seien mit dem Sozialsystem nicht vertraut bzw. sähen öffentliche Hilfe nicht als selbstverständlich an. Zur Monatsmitte häufen sich die Hilfe-Ersuchen bei der Bahnhofsmission, und selbst bei "rundum" versorgten Altenheimbewohnern stellen sich Engpässe ein, wenn es habgierigen Kindern gelingt, ihre Eltern per Vollmacht "blank zu machen", wie es im Jargon der Heimleiter heißt.
Letzte Änderung
30.10.2008
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Titel
Betteln ist die allerletzte Notlösung
In
Kölner Stadt-Anzeiger 190399
Am
01.01.1970
Inhalt
Bericht über das Phänomen der versteckten Altersarmut. Sie wird in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, weil sich die Senioren schämen, auf der Straße zu betteln. Sie nehmen auch seltener die ihnen zustehende Sozialhilfe in Anspruch, weil staatliche Hilfe für sie nicht selbstverständlich ist. Dennoch ist Armut weit verbreitet, sogar unter scheinbar rundum versorgten Heimbewohnern. Werkstatt-Text aus der Drehscheibe: Zufällig ist Petra Koch-Joisten auf eine alte Frau aufmerksam geworden, die Passanten um Geld bat. Anders als jüngere Bettler oder Obdachlose gehörten diese Alten jedoch nicht zum Stadtbild, weil sie aus Scham nicht lange am selben Platz verweilen, sagt die Autorin. Nur mit erheblichem Aufwand und Hilfe einer karitativen Einrichtung sei ihr die Kontaktaufnahme gelungen, weil die alten Gelegenheitsbettler sofort weggingen, wenn man sie anspricht. Sie seien mit dem Sozialsystem nicht vertraut bzw. sähen öffentliche Hilfe nicht als selbstverständlich an. Zur Monatsmitte häufen sich die Hilfe-Ersuchen bei der Bahnhofsmission, und selbst bei "rundum" versorgten Altenheimbewohnern stellen sich Engpässe ein, wenn es habgierigen Kindern gelingt, ihre Eltern per Vollmacht "blank zu machen", wie es im Jargon der Heimleiter heißt.