Internetwerkstatt

Digitale Recherche-Helfer

von

aus drehscheibe 03/2022

Panama Papers, CumEx-Files und Wirecard-Skandal – alles Recherchen mit Tausenden Papieren, die von Journalisten gemeinsam ausgewertet wurden, um über betrügerische Geschäfte zu berichten. Auch in Lokalredaktionen sammeln sich Dokumente und Dateien von Recherchen und zu langfristigen Themen: Es ist selten möglich, alle Details – auch nach einigen Monaten noch – zu erfassen. An dieser Stelle setzt Pinpoint von Google an: Dieses Werkzeug analysiert und durchsucht viele Dateien gleichzeitig. Durch die digitale Hilfe lassen sich auch Zusammenhänge und Informationen finden, die Journalisten eventuell entgangen wären. Und zusätzlich ist es möglich, gemeinsam mit Kollegen in den Dokumenten zu arbeiten, um sich eine Recherche aufzuteilen.

Sammlung mit Index 

Pinpoint ist ein kostenfreies Tool von Google speziell für Journalisten und Wissenschaftler: Um es zu nutzen, sind ein Google-Konto und eine Gmail-Adresse erforderlich. Danach wird der Zugang meistens innerhalb von 24 Stunden freigegeben. Die Bedienung des digitalen Werkzeugs ist recht übersichtlich und einfach – die Stärken werden deutlich, sobald man eine Sammlung von Dateien gespeichert hat. Das geht so: Bei „My Workspace“ kann eine Collection – also eine Sammlung an Dateien – begonnen werden, die standardmäßig als privat erstellt wird und später mit Kollegen geteilt werden kann.

Zuerst benötigt die Collection einen Titel, anschließend können Dateien hinzugefügt werden – vom Computer oder aus dem Goo­gle Drive. Pinpoint kann mit Texten, Bildern, Audios, Videos und PDFs umgehen sowie als Datei gespeicherten E-Mails und Websites. So sind umfangreiche Sammlungen mit bis zu 200.000 Dateien oder 100 GB möglich. Das sind Datenmengen, die Lokalredaktionen mit knappen Kapazitäten wohl kaum auswerten könnten. Genau das übernimmt Pinpoint – es findet Namen von Personen, Organisationen und Orten in allen Dateien. Diese werden automatisch als Index (an der rechten Seite) und mit Anzahl der Fundstellen angezeigt. Ein Klick führt zu allen Fundstellen in den gesammelten Dateien, um so gezielt den Kontext zu prüfen.

Entziffern und transkribieren 

Besonders hilfreich ist, dass Pinpoint auch Text in Bildern und Handschrift in Dokumenten identifizieren kann, beispielsweise werden Aufschriften auf Bekleidung oder Fahrzeugen erkannt und zum Index hinzugefügt. Audio- und Video-Dateien mit einer maximalen Länge von zwei Stunden werden nach dem Hochladen automatisch zu Text transkribiert. Das funktioniert bislang für zehn verschiedene Sprachen, darunter auch Deutsch. Die gesprochene Sprache muss jeweils vor dem Hochladen der Dateien eingestellt werden, denn eine Änderung wirkt sich nicht auf ältere Dateien aus, sodass sich auch verschiedensprachige Dateien in einer Sammlung verwalten lassen.

Wer Mails einer Sammlung hinzufügt, sollte beachten, dass Anhänge nicht automatisch mit hochgeladen werden, diese Dateien müssen zusätzlich gespeichert werden. Und sollte ein Datei-Format nicht von Pinpoint unterstützt werden, kann es helfen, diese Datei als PDF zu speichern und dann hochzuladen.

Suchen mit Synonymen und Kollegen 

Neben dem Index, der das – auch gehäufte – Vorkommen von Personen, Organisationen und Orten deutlich macht, ist es auch möglich, die gesamte Sammlung nach eigenen Stichwörtern zu durchsuchen: Dafür gibt es oberhalb der Liste mit den Dateien einen Suchschlitz. Bei der Suche werden auch Synonyme berücksichtigt und zusätzlich kann man Operatoren wie „ohne“, „oder“ und „genaue Übereinstimmung“ verwenden. Die Suche funktioniert für viele europäische Sprachen: English, Deutsch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Polnisch und Portugiesisch.

Wer eine Recherche nicht allein bewältigen möchte, kann eine Sammlung bei Pinpoint auch über den Share-Button für Kollegen zugänglich machen. Die können ebenfalls alle Dateien betrachten sowie die Suche und den Index nutzen, aber keine weiteren Dateien hinzufügen – das ist auf den Inhaber einer Collection beschränkt. Um die Zusammenarbeit zu vereinfachen, kann man relevante Passagen in den Dateien auch farblich markieren und direkt verlinken.

Intelligente Funktionen 

Durch den automatischen Index und die gezielte Suche innerhalb von Pinpoint können auch Lokalredaktionen in großen Datenmengen recherchieren und so interessante Geschichten finden. Hinzu kommt, dass das Werkzeug langwierige Aufgaben übernimmt, für die meist Kapazitäten fehlen, wie das Transkribieren von Mitschnitten und das Finden von Text in Bildern. Das Google-Tool für Journalisten macht es mit intelligenten Funktionen möglich, gesammelte Dokumente in kürzester Zeit zu analysieren und die Arbeit im Team aufzuteilen, sodass auch Lokalredaktionen mit guter Recherche punkten können.

Links

Hier geht es zum Tool Pinpoint und zum Kurs:
www.t1p.de/pinpoint
www.t1p.de/pp-kurs
Christina Quast

Christina Quast

berichtet als freie Journalistin über digitale Tools und Themen und ist seit Mitte 2018 für den Blog „Journalisten Tools“ verantwortlich. Für Journalisten gibt sie auch Seminare und organisiert Barcamps.

Mail: quast@journalisten-tools.de
Internet: www.journalisten-tools.de

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