Internetwerkstatt

Twitter mit Musk

von

aus drehscheibe 07/2022

Elon Musk ist derzeit kompliziert: Der Tech-Gründer hatte angekündigt, das Netzwerk zu kaufen und zu verändern, aber noch ist das nicht passiert. Deshalb gilt für Journalisten, die Tweets von Elon Musk nicht als offizielle Meldung von Twitter aufzufassen, sondern deren Inhalt einzuordnen. Denn der Tech-Gründer kündigt gerne auch Funktionen an, die Twitter längst testet und über die das Unternehmen auch berichtet.

Edit oder Undo 

Zum Beispiel den „Edit Button“, um Tweets nachträglich zu bearbeiten. „Ihr könnt einen Edit Button haben, wenn alle eine Maske tragen“, lautete ein offizieller Tweet von Twitter während der Pandemie. Das hat bekanntlich nicht geklappt. Und trotzdem: Eine ähnliche Funktion gehört zu „Twitter Blue“, das das Netzwerk schon seit Juni 2021 zunächst in Kanada und Australien sowie demnächst in den USA und Neuseeland kostenpflichtig anbietet. Damit lässt sich ein Zeitlimit von bis zu 30 Sekunden setzen, um jeden Tweet zu überprüfen und zu überarbeiten, ehe er veröffentlicht wird.

Natürlich ist das kein „Edit Button“, wie Elon Musk ihn meint, wenn er twittert: „Möchtet ihr einen ,Edit Button‘?“. Immerhin haben 74 Prozent von 4,4 Millionen Twitter-Nutzern dafür gestimmt. Es ist ärgerlich, (Tipp-)Fehler in Tweets nicht mehr ausbessern zu können – aber: Lassen sich Tweets dauerhaft bearbeiten, bedeutet das, dass viel geteilte oder kommentierte und eingebettete Tweets noch inhaltlich verändert werden können. Ein Problem, das Nutzern gute Medienkompetenz und Journalisten mehr Recherche abverlangen dürfte.

Keine gute Idee – ein Beweis 

Was ein „Edit Button“ bedeuten kann, zeigt auch eine Aktion der Satireplattform „Der Postillon“, deren Satire-Beitrag „Update kommt: Bill Gates kündigt Covid-20 an“ vom ehemaligen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt als Link geteilt worden war – mit dem Kommentar: „Das ist der endgültige Beweis!“ Seitdem ändert „Postillon“ regelmäßig die von Twitter erzeugte Linkvorschau, sodass Reichelt auch diese Schlagzeilen als Beweis sehen müsste: „Julian Reichelt klaut Fotos von Toten auf Facebook“ oder „Coronavirus in Bild-Labor entwickelt“.

Weil ein echter „Edit Button“ keine so gute Idee und „Twitter Blue“ mit dem „Undo Button“ noch nicht in Deutschland verfügbar ist, hier nun verschiedene Möglichkeiten, einen Tweet zu korrigieren – etwas, das Redaktionen bei Fehlern selbstverständlich tun sollten:

  • Löschen: Tweets können jederzeit gelöscht werden und sind dann nicht mehr in Retweets und eingebetteten Tweets sichtbar. Für Redaktionen empfiehlt es sich, in einem Tweet transparent zu machen, dass ein Beitrag gelöscht wurde, und auch den Grund zu nennen bzw. den Fehler zu korrigieren.
  • Antworten: Den Original-Tweet kann man mit einer Antwort versehen, die einzelnen Tweets werden automatisch zu einem sogenannten Thread verbunden und in der Timeline gemeinsam angezeigt, auch wenn es einen zeitlichen Abstand gibt.
  • Zitieren: Beim Retweet gibt es die Option, auch einen eigenen Tweet zu zitieren, das bedeutet, über dem Original-Beitrag weitere 280 Zeichen Text und sogar Foto oder Video zu ergänzen, um beispielsweise auch visuell auf die Korrektur hinzuweisen.

Für Twitter bezahlen?

Musk hat angekündigt, dass Twitter für einige Nutzer – kommerzielle und behördliche – kostenpflichtig werden soll. Auch das gilt bereits für „Twitter Blue“, nur mit einer anderen Zielgruppe: Intensiv-Nutzer können 2,99 Dollar zahlen, um zusätzliche Funktionen zu erhalten. Neben dem „Undo Button“ sind es die meistgeteilten Links der vergangenen 24 Stunden, anpassbare Farben, Icons, Navigation und Ordner für Lesezeichen sowie werbefreie Artikel von Medien. Ein interessanter Punkt für Redaktionen, denn Twitter gibt einen Teil der Einnahmen an die Medienhäuser weiter.

Geld verdienen bei Twitter 

Überhaupt finden Redaktionen im Twitter-Blog einige Optionen zur Monetarisierung, die derzeit vor allem in den USA getestet werden:

  • Super Follower: Wer knapp drei, fünf oder zehn Dollar pro Monat zahlt, erhält zusätzliche Inhalte und Vorteile, auf die nicht zahlende Follower keinen Zugriff haben.
  • Tickets für Spaces: Für die Live-Audio-Räume bei Twitter können auch Tickets bis 999 Dollar verkauft werden, um beispielsweise Interviews oder Diskussionsrunden zu monetarisieren.
  • Shop: Im Twitter-Profil lassen sich verschiedene Shopping-Optionen aktivieren, zum Beispiel ein Shop mit maximal 50 Produkten oder ein Spotlight mit ausgewählten Produkten, die dann auf einer bestehenden Website wie gewohnt bestellt werden können.
  • Newsletter: Twitter hat den Newsletter-Dienst „Revue“ übernommen, sodass man kostenpflichtige Newsletter über das Profil oder Tweets abonnieren kann.

Links

Zum Twitter-Blog: https://blog.twitter.com/

„Twitter Blue“ vom 3. Juni 2021: www.t1p.de/twitter-1

„Twitter Blue“ vom 9. November 2021: www.t1p.de/twitter-2

„Revue“: www.getrevue.co

Zum „Postillon“: www.t1p.de/postillon-reichelt

 

Christina Quast

Christina Quast

berichtet als freie Journalistin über digitale Tools und Themen und ist seit Mitte 2018 für den Blog „Journalisten Tools“ verantwortlich. Für Journalisten gibt sie auch Seminare und organisiert Barcamps.

Mail: quast@journalisten-tools.de
Internet: www.journalisten-tools.de

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