Internetwerkstatt

Von Twitter zu Mastodon

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Mastodon oder Twitter, das ist hier die Frage. (Foto: AdobeStock/Koshiro)
Mastodon oder Twitter, das ist hier die Frage. (Foto: AdobeStock/Koshiro)

Elon Musk aus den USA und Eugen Rochko aus Deutschland lassen sich in einem Atemzug nennen: Denn 2016 hat Rochko mit Mas­todon eine Alternative zu Twitter entwickelt, die auf viel Interesse stößt, seit Musk Twitter gekauft hat. Obwohl sich die beiden Netzwerke im Aussehen und bei den Funktionen ähneln, unterscheiden sie sich in der Struktur – die einige Möglichkeiten für Redaktionen bietet. Ein Vorab aus unserer Rubrik Internetwerkstatt.

Dezentral durch Instanzen
Denn Mas­todon ist ein dezentrales Netzwerk – also nicht im Besitz von Eugen Rochko. Es setzt sich aus eigenständig betriebenen Servern – auch Instanzen genannt – zusammen. Wer sich auf der Mastodon-Startseite anmelden möchte, muss sich für einen Server entscheiden: nach Kontinent, Sprache, Thema oder Rechtsform. Für das Thema Journalismus gibt es in Europa leider keine Treffer – was nur zeigt, dass die Mastodon-Seite über kein echtes Verzeichnis der Server verfügt. Zum Beispiel hat die dju in Verdi mit dju.social eine Instanz für Medienmenschen – mit über 1.300 Profilen. Übrigens lassen sich die Mastodon-Server auch ohne Anmeldung aufrufen. Es werden die Anzahl der Profile, ein Profilverzeichnis und die „Datenschutzerklärung“ sowie „Über“ mit den Serverregeln angezeigt. Neben den Beiträgen der Nutzer kann man bei Mastodon auch zwischen den Feeds wechseln.

Anmeldung bei Mastodon (Foto: Screenshot)
Anmeldung bei Mastodon (Foto: Screenshot)

Lokaler und föderierter Feed 
Wegen der Server-Struktur gibt es bei Mastodon auch drei verschiedenen Feeds. Der durch TikTok populär gewordene „For you“-Feed mit Empfehlungen fehlt völlig.

  • „Startseite“: wie der Feed bei Twitter, der sich aus den Beiträgen der gefolgten Profile zusammensetzt – bei Mastodon aber ohne Algorithmus
  • „Lokal“: ein Feed mit den neuesten Beiträgen der Profile, die sich auf dem ausgewählten Server befinden
  • „Föderiert“: ein Feed mit den neuesten Beiträgen von allen Instanzen, die mit dem ausgewählten Server föderieren – also verbunden sind
  • Noch ein Hinweis: Über instances.social kann man einen Server nach eigenen Kriterien finden. Es ist nämlich möglich, mit dem Mastodon-Profil den Server zu wechseln.

Redaktionen bei Mastodon
Aus dieser grundlegenden Struktur ergeben sich für Redaktionen einige Gründe, über einen Mastodon-Server nachzudenken. Als schon bekannte und zuverlässige Instanz können Redaktionen einen leichteren Zugang zu Mastodon bieten, denn die Server-Wahl ist ein Schritt, den Nutzer von zentralen Netzwerken nicht kennen. Außerdem lassen sich für den Server auch eigene Regeln festlegen, wie etwa ein Verhaltenskodex und die Datenschutzbestimmungen, ohne das Publikum den Regeln von Netzwerken in den USA oder China zu überlassen. Allerdings ist dafür technische und rechtliche Expertise nötig. So hat die Financial Times im November 2022 eine Mastodon-Instanz gestartet, aber schon drei Monate später wieder geschlossen, weil die rechtlichen und technischen Belange viel Mühe und wenig Spaß gemacht haben.

Trotzdem gibt es gute Gründe für eine Mastodon-Instanz: Medienhäuser können entscheiden, für wen der Server zugänglich ist – für die eigenen Marken und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder auch für das Publikum. Beispielsweise betreibt der Heise Verlag die Instanz social.heise.de mit derzeit 38 Profilen von eigenen Medien und deren Beschäftigten, die man im erwähnten Profilverzeichnis findet. Wer den lokalen Feed aufruft, findet so auch alle Beiträge von Heise Medien. Der Online-Dienst „Medium“ hat seine Instanz me.dm sogar für alle schreibenden und lesenden Mitglieder zugänglich gemacht, sodass es über 4.300 Profile gibt. Das ist eine Blaupause für Redaktionen, um das (zahlende) Publikum an einem Ort im Netz zusammenzubringen: und zwar mit dem Pluspunkt, dass der lokale Feed der Mastodon-Instanz vermittelt, was gerade regional oder lokal passiert, und die Redaktionen nahe an den Themen des Publikums und den Ereignissen in der Region sind.

Alternativen im Fediverse 
Nicht zuletzt ist Mastodon ein Teil des sogenannten Fediverse – kombiniert aus Federation und Uni­verse – das mit Peertube, Pixelfed und Friendica auch dezentrale Alternativen zu YouTube, Instagram und Facebook umfasst. Redaktionen mit eigenem Server können also im gesamten Fediverse für ein Publikum präsent sein, das nicht bei den bekannten und zentralen Netzwerken angemeldet ist. Ein einfacher Schritt ist, die Beiträge für Twitter, Facebook und Instagram auch im Fediverse zu veröffentlichen. Zumal sich Beiträge – beispielsweise Videos von PeerTube – auch in Websites einbetten lassen, ohne dass dem Datenaustausch mit einem zentralen Netzwerk wie YouTube zugestimmt werden muss.

Die DJU auf Mastodon. (Foto: Screenshot)
Die DJU auf Mastodon. (Foto: Screenshot)

Bluesky versus blauer Vogel 
Elon Musk und Eugen Rochko werden nun auch durch Jack Dorsey ergänzt: Der Twitter-Gründer hat aktuell eine Twitter-Alternative mit Mastodon-Struktur gestartet. Bluesky ist bereits seit 2019 als ein offenes und dezentrales Netzwerk geplant. Das Design ist mit Twitter nahezu identisch, außer den Profilnamen, die dieselbe Struktur wie bei Mastodon haben: nämlich bsky.social – und so auf verschiedene Instanzen hinweisen. Bluesky ist erst Anfang März 2023 online gegangen und bisher nur für iOS und auf Einladung zugänglich.

Links 
Mastodon
Dju bei Mastodon
Zur Financial Times
Bluesky

Der Beitrag erscheint in der Ausgabe 4/2023.

Christina Quast

berichtet als freie Journalistin über digitale Tools und Themen und ist seit Mitte 2018 für den Blog „Journalisten Tools“ verantwortlich. Für Journalisten gibt sie auch Seminare und organisiert Barcamps.
E-Mail: quast@journalisten-tools.de
Internet: journalisten-tools.de

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