Interview

„Lokal ist spannend"

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Seit Anfang Dezember ist im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg eine neue lokale Internetseite online: prenzlauerberg-nachrichten.de. Gründer ist Philipp Albert Schwörbel, ehemals tätig an der Ufa und früher persönlicher Referent von Gesine Schwan an der Europa-Universität Viadrina. Er will mit der Internetseite in die Berichterstattung über Lokales aus den Stadtteilen einsteigen, die seiner Ansicht nach von größeren Zeitungen vernachlässigt wird. Die drehscheibe sprach mit ihm über sein Projekt.

Herr Schwörbel, wie kamen Sie auf die Idee, diese lokale Internetseite einzurichten?

Ich habe auf dem Medienblog carta.info Anfang des Jahres eine Diskussion über die Zukunft des Journalismus verfolgt. Dabei stieß ich auf den Heddesheimblog. Schließlich habe ich mich gefragt, ob es im Prenzlauer Berg so etwas gibt oder ob es möglich ist, so etwas zu gründen. Schließlich wird eine Nische frei, da sich die großen Zeitungen wie etwa die Berliner Zeitung mehr und mehr aus der Stadtteil-Berichterstattung zurückziehen.

Sie haben gesagt, die Seite soll „hyperlokal, partizipativ und unabhängig“ sein. Was konkret bedeutet für Sie partizipativ?

Wir wollen das Netz als Netz verstehen. Leute, die über das Leben im Prenzlauer Berg berichten, sollen sich miteinander austauschen können, die Leser sollen mitwirken. Dabei ist zunächst nicht der klassische Bürgerjournalismus gemeint. Es wird Kommentarfunktionen geben, eine Facebook-Seite existiert bereits. Spannend finde ich auch das Projekt „365“ aus den USA. Dort berichtet jeden Tag ein Bürger ganz subjektiv aus seinem Leben. Auch so etwas können wir uns künftig vorstellen. Wir wollen um die Seite herum eine Art Autorenblog stricken.

Was meinen Sie damit genau?

Im Kern gibt es eine ganz kleine Redaktion, die für das tägliche Grundrauschen zuständig ist. Zusätzlich sprechen wir Journalisten und Experten aus dem Kiez an, in der Hoffnung, dass sie über Themen aus ihrer Umgebung berichten. Jemand, der in überregionalen Zeitungen über Bildung schreibt, schreibt hoffentlich auch bei uns – als Bürger – über die Schule nebenan.

Was machen Sie anders als andere lokale Internetseiten wie etwa der Heddesheimblog?

Wir versuchen wir das Gleiche: Kritisch über das zu berichten, was die Menschen im täglichen Leben berührt und damit Menschen über ihren Bezirk miteinander ins Gespräch zu bringen. Und wir glauben an das Gleiche: Lokal ist spannend! Das war der Kerngedanke, den ich vom Heddesheimblog gelernt habe. Neu ist vielleicht unsere reduzierte Navigation mit nur drei Ressorts und der Möglichkeit, einfach Dossiers anzulegen. Aber ich kenne leider nicht alle Portale.

Glauben Sie, dass im Prenzlauer Berg, der ja ein Kiez mit vielen Zugezogenen ist, ein Bedürfnis nach dem Lokalen besteht?

Gerade hier! Denn den Zugezogenen fehlt das Wissen über lokale Vorgänge, sie haben ja keine Eltern oder Verwandte hier, die sie fragen können. Trotzdem aber ist der Stadtteil ihre Heimat. Wir wollen Brücken schlagen und nachbarschaftsfördernd wirken.

Wie viele Leute arbeiten in der Kernredaktion?

Zur Redaktion gehören neben mir drei freie Journalisten und Journalistinnen, aber die sind natürlich auch nur teilweise mit diesem Projekt befasst.

Wie finanzieren Sie das Projekt?

Ich investiere Erspartes und hoffe, dass es sich nach einer Zeit rechnet.

Wie sehen die Autorenhonorare aus?

Es gibt ehrenamtlich tätige Autoren wie etwa Peter Dausend von der Zeit. Die freien Mitarbeiter in der Redaktion werden selbstverständlich bezahlt, auch wenn es nicht viel ist. Grundsätzlich gilt: Wenn es gut läuft, gibt es eines Tages mehr.

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