Interview

„Neue Technologien haben ein extrem schlechtes Image"

von

Sascha Lobo betreibt seit April das Forschungs-Blog von Discover Markets, einem Forschungsprojekt der Fraunhofer-Gesellschaft. Gemeinsam mit Wissenschaftsbloggern und Wissenschaftlern vom Fraunhofer schreibt Lobo dort über Forschung und will Wissenschaft und Öffentlichkeit näher zusammenbringen. Mehr dazu auf Forschungs-blog.de

Wie halten Sie’s eigentlich mit der Wissenschaft, Herr Lobo?

Ich habe mich immer als naturwissenschaftlich interessierten Menschen empfunden und daher auch vor meinem Studium der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation drei Jahre Lebensmittel-, Brauerei- und Biotechnologie studiert. Allerdings konnte ich mir nicht vorstellen, das als Beruf zu machen, und bin so dann zur Kommunikation gekommen.

Und jetzt betreiben Sie das Forschungs-Blog. Warum das?

Hier kann ich mein Interesse an Wissenschaft, Technologie und Fortschritt mit dem an Kommunikation und Vermittlung verbinden. Die Idee für das Blog stammt aber von Discover Markets, einem Projekt der Fraunhofer-Gesellschaft, das der Frage nachgeht, welche anwendungsnahe Forschung die Menschen wirklich wollen. Wollen sie beispielsweise einen extrem schnell ladenden Akku oder lieber einen, der ohne Kontakte auskommt? Oder etwas ganz anderes?

Marktforschung für Forschung also?

Das Blog soll vor allem Forschung und Öffentlichkeit zusammenbringen. Neue Technologien haben ein extrem schlechtes Image in der Bevölkerung. Das hat nichts mit der Technologie zu tun, sondern damit, dass die Menschen das Gefühl haben, diese Technik werde ihnen übergestülpt. Nehmen Sie nur den Transrapid. Kaum jemand versteht die Technik, die dahintersteckt, aber die meisten lehnen sie ab. Einfach weil die Kommunikation mit der Bevölkerung unter den Tisch gefallen ist. Den Bürgern wurde die Technik nicht erklärt und sie wurden nicht gefragt, ob sie so etwas möchten.

Was machen Sie in dem Forschungs-Blog konkret?

Wir stellen zum einen neue Forschung vor, die einmal in Technologien münden könnte, die unseren Alltag bestimmen. Denken Sie etwa an das MP3-Format, das von Fraunhofer entwickelt wurde. Diese Technik basiert auf jahrelanger Forschung und hat unsere Kulturlandschaft radikal verändert. Um den Lesern des Blogs diese Dinge verständlich zu machen, nutzen wir Dual-Blogging, das heißt wir stellen einen wissenschaftlichen Text neben einen, der dasselbe Thema aus einer Laien- oder Alltagsperspektive beschreibt. So wollen wir zeigen, wie Forschung funktioniert. Zum anderen soll die Community des Blogs mitdiskutieren können und im besten Fall mit ihren Meinungen und ihrem Wissen die Forschung mitgestalten.

Wie schaffen Sie es, im Dual-Blogging einen wissenschaftlichen Text für Laien verständlich zu machen?

Mir hilft beim Schreiben ein kleiner Trick. Ich versuche mir immer vorzustellen, wie die Welt wohl aussehen würde, wenn die  Erfindung, über die ich schreiben will, nicht vorhanden wäre. Um bei MP3 zu bleiben: Auf meinem ersten Audioplayer hatte ich mehr als 100 Musiktitel. Ohne das Komprimierungsverfahren MP3 hätten gerade einmal zehn Lieder draufgepasst. Für den Alltagsgebrauch ist das ein gewaltiger Unterschied, der auch für den Leser sofort greifbar ist.

Interview: Jan Steeger

Sascha Lobo

... ist Autor, Blogger und Strategieberater. Er bloggt unter saschalobo.com.

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