Leseranwalt

Falsches wird nicht veröffentlicht

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Aus drehscheibe 05/2021

Die Statik unseres bislang gewohnten Alltags hat Risse bekommen. Die Corona-Pandemie beeinflusst die Gemütslage der Menschen. Sie drückt die Stimmung spürbar. Das merken wir auch bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen (HNA). Der Leserdialog der HNA, die erste Anlaufstelle für Anregungen und Kritik von Leserinnen und Lesern der Tageszeitung für Nordhessen und Südniedersachsen, das Beschwerdemanagement, wird zunehmend mit Fragen zur journalistischen Herangehensweise bei Corona-Themen konfrontiert.

Wir haben das gerade im Zusammenhang mit unserer intensiven Berichterstattung zu einer großen „Querdenker“-Demonstration mit Gegenprotesten mit etwa 20.000 Menschen in Kassel erfahren. Viele Leserinnen und Leser sind dünnhäutiger geworden. Es gab Hunderte Reaktionen aus der Leserschaft, die von Lob und ausgewogenen Darstellungen reichten bis zum Vorwurf, die „Systempresse“ verdrehe mal wieder Tatsachen und wir sollten endlich „richtig“ berichten. Ein offensichtlich den „Querdenkern“ nahestehender Leser schrieb in einer Mail an den Leserdialog: „Uns beiden ist klar, Sie müssen meinen Brief nicht abdrucken, ich muss mein Abo nicht verlängern. Die HNA sollte sich nicht zu sehr an ARD/ZDF orientieren, die bekommen ihre Gebühren in jedem Fall.“
Der Druck, eigene Interessen durchzudrücken, manchmal mehr oder weniger subtil vorgetragen, wächst.

Bemerkenswert in Corona-Zeiten ist der gestiegene Zeitaufwand für einen Faktencheck. Es kursieren im Netz natürlich unendlich viele Informationen, gerade über Corona. Da zwischen Ammenmärchen, Verschwörungstheorie und Realität zu unterscheiden, ist oft nicht leicht. Die Überprüfung der Fakten mitsamt der Quellen ist aber von größter Relevanz; ist sie doch ein Eckpfeiler der Glaubwürdigkeit einer Zeitung. Es gilt, der Verbreitung hanebüchener und falscher Gerüchte einen Riegel vorzuschieben. Und das beinhaltet immer wieder Gegenrecherchen.

Kurzum: Wenn ein Leserbrief falsche Tatsachenbehauptungen enthält, wird er nicht veröffentlicht.

Im Leserforum der HNA, in dem Meinungen platziert werden, werden bei Bedarf entsprechende Faktenchecks kenntlich gemacht. Beispiel: Ein Leser ist Mitte November vergangenen Jahres zur Erkältungssaison auf Grippeviren eingegangen, auf die der gängige PCR-Test seiner Meinung nach reagiere. Der Leser verwies dabei auf eine Darstellung in US-Medien. Ein von uns vollzogener Faktencheck von der dpa kam zu dem Ergebnis: Der Corona-Test reagiert nicht auf Grippeviren wie H1N1. Das wurde am Ende des Leserbriefs auch als Anmerkung der Redaktion kenntlich gemacht.

Leserinnen und Leser erkennen darüber hinaus an, auch das ist eine Alltagserfahrung, dass kritische Stimmen im Umgang mit der Pandemie ihren Platz im Meinungsteil der HNA finden.

Wir werden in Kürze den Leserdialog um ein Digitalteam erweitern. Es wird Redaktionsprojekte mit dem Schwerpunkt soziale Netzwerke entwickeln.

Axel Welch

Autor

Axel Welch ist seit 1990 bei der HNA. Nach seiner Tätigkeit als Polizeireporter leitete er zwei Bezirksredaktionen. Seit Juni 2019 leitet er den neu geschaffenen Leserdialog.

Telefon: 0561 – 203 14 32
Mail: leserdialog@hna.de

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