Leseranwalt

Kritik an der Bezahlschranke

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Aus drehscheibe 09/2021

Die Leserin Andrea K. nutzt unterwegs „gerne die Möglichkeit, unser Heimatblatt online zu lesen“. Allerdings, so hat sie uns geschrieben, ärgere sie sich immer wieder darüber, dass Artikel, „die eine gewisse Wichtigkeit und Information haben“, nur mit OnetzPlus zu lesen seien. Sie verstehe sehr gut, meinte Andrea K., „dass Sie einige interessante Texte nicht einfach so freigeben, aber wenn es darum geht, die Bevölkerung auf ein Problem aufmerksam zu machen, wäre es sicher sinnvoll, diese Zeilen allen zukommen zu lassen“.

Konkret ging es Andrea K. um einen Beitrag, der beleuchtete, wie schwer es die Metzger im Landkreis Amberg-Sulzbach inzwischen haben, Mitarbeiter zu finden. „Heute Abend kann ich den Bericht in der gedruckten Ausgabe zu Hause lesen, aber diese Möglichkeit hat eben nicht jeder“, merkte Andrea K. an und wollte wissen: Nach welchen Kriterien werden die Artikel ausgesucht? Vielleicht, fügte K. hinzu, könne man die Auswahl der frei verfügbaren Texte etwas überdenken.

Plus-Artikel, erläutet Digitalchef Thomas Webel, seien nie Nachrichten, sondern in der Regel selbst gesetzte Themen der Redaktion. Es handele sich häufig um sehr aufwendig recherchierte Artikel, in die die Redaktion viel Zeit investiert hätte. Auch in diesem Fall habe ein Kollege „viel Zeit investiert und mit verschiedenen Gesprächspartnern gesprochen. Herausgekommen ist ein schönes Stimmungsbild, das die Probleme in dieser Handwerksbranche gut darstellt“.
Damit unser Abo-Modell auch weiterhin funktioniert, sei es wichtig, „dass wir gerade solche Themen aufgreifen, die die Menschen bewegen“, betont Webel. Da könne es dann auch mal um Probleme gehen, wie etwa hier um die Nachwuchssorgen im Handwerk.

Das bedeute aber nicht, dass das alles in Stein gemeißelt ist. Webel: „Wir diskutieren intern immer wieder darüber: Ist das jetzt ein Plus-Thema? Müsste das frei sein? So sind beispielsweise alle Artikel über Covid, die laut unseren internen Kriterien eigentlich Plus-würdig wären, in denen es aber um Themen ging, die wirklich für die Gesundheit der Menschen relevant sind, frei zugänglich. Das Gleiche gilt bei vielen anderen Gesundheitsthemen oder anderen Themen, in denen es um Leib und Leben geht. Weder ein Artikel über eine Typisierungsaktion noch über eine Blutspendeaktion wird bei uns jemals OnetzPlus sein. Über ,Hier brennt es – halten Sie die Fenster geschlossen‘ oder ,Hier müssen Sie das Wasser abkochen‘ brauchen wir gar nicht erst sprechen. Da geht gesellschaftliche Verantwortung dann selbstredend über unsere eigenen wirtschaftlichen Interessen (auch wenn wir leider dafür keine GEZ-Gebühr oder sonstige staatliche Zuschüsse bekommen).“

Die Nachwuchssorgen im Handwerk seien für die Branche natürlich ein massives Problem, aber vielleicht doch nicht mit den hier skizzierten Themen vergleichbar, schrieb Webel in seiner Antwort. „Letztlich haben wir zudem allein dadurch, dass wir dieses Thema aufgegriffen haben, ziemlich groß auf das Problem der Branche aufmerksam gemacht.“

Webel bittet um Verständnis, „dass wir solche Inhalte im Internet nicht verschenken können. Am Ende des Tages müssen wir halt auch unsere Rechnungen bezahlen – genau wie der Metzger, der ja auch nichts verschenken kann“. Aber noch einmal: Nichts sei bei der Frage „Plus oder nicht“ in Stein gemeißelt. „Das ist alles ein Prozess“, erklärt der Digitalchef die Vorgehensweise und versprach Andrea K.: „Ich werde Ihre Sicht gerne mit den Kollegen besprechen.“
Andrea K. meldete sich am Ende noch einmal. Sie verstehe durchaus, dass man nicht einfach so alle Texte freigeben könne. „Da steckt viel Arbeit dahinter, und das muss alles finanziert sein.“ Sie habe nur gedacht, dass die Probleme des Handwerks bei der Nachwuchssuche mehr publik gemacht werden müssten. „Aber das ist sicher auch eine persönliche Meinung von mir, jeder hält einen anderen Artikel für wichtig.“

Der Artikel erschien erstmals am 25.Juni 2021 auf Onetz.de

Thomas Hauser

Autor

Jürgen Kandziora ist Leseranwalt des Neuen Tags aus Weiden in der Oberpfalz.

Mail: juergen.kandziora@oberpfalzmedien.de
Telefon: 0961 – 854 44

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