Presserat

Öfter mal nachhaken

von

aus drehscheibe 02/2021

Der Fall:

Eine Regionalzeitung veröffentlicht gedruckt und online einen Artikel über eine örtliche Bäckerei-Kette. Der Geschäftsführer des Unternehmens behauptet in dem Text, sein Betrieb sei die einzige Bäckerei in Deutschland, die ohne Zusatzstoffe arbeite. Ein Leser der Zeitung hält die Darstellung des Geschäftsführers für falsch. Nach seiner Kenntnis gebe es mindestens noch einen weiteren Betrieb, der auf Zusatzstoffe verzichte. Dies habe er der Redaktion mehrfach mitgeteilt und sie vergeblich um Richtigstellung gebeten.

Die Redaktion:

Der Chef vom Dienst teilt mit, dass der Autor des Artikels die Aussage des Geschäftsführers der Bäckereikette lediglich zitiert und dabei klar auf die Herkunft des Zitats verwiesen habe. Die Aussage sei zudem in Gegenwart eines bekannten Lebensmittel-Experten gefallen. Dieser habe offenbar keinen Einwand gegen die Aussage gehabt. Auch von der Bäckerei-Innung oder anderen Institutionen habe es bis dato – immerhin drei Monate nach Erscheinen des Berichts – keinen Widerspruch gegeben.

Das Ergebnis:

Der Beschwerdeausschuss erkennt in der Veröffentlichung eine Verletzung der in Ziffer 2 des Pressekodex festgehaltenen journalistischen Sorgfaltspflicht. Er spricht einen Hinweis aus. Die Redaktion hätte die Aussage des Geschäftsführers, sein Betrieb sei die einzige Bäckerei in Deutschland, die ohne Zusatzstoffe arbeite, kritisch hinterfragen und einordnen müssen. Auf den ersten Blick hätten Zweifel an der Richtigkeit der Aussage entstehen müssen. Der Rechercheaufwand wäre so gering gewesen, dass er von einer Redaktion im Hinblick auf die journalistische Sorgfaltspflicht erwartet werden kann.

Der Kodex:

Ziffer 2 – Sorgfalt

Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden. Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche kenntlich zu machen. Symbolfotos müssen als solche kenntlich sein oder erkennbar gemacht werden.

 

Autorin

Sonja Volkmann-Schluck ist Journalistin und Referentin für Öffentlichkeitsarbeit.



E-Mail: volkmann-schluck@presserat.de

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