Presserat

In den Worten der Partei

von

aus drehscheibe 01/19

Der Fall:

„Alternative zu Münchener Sicherheitskonferenz formuliert“ – so überschreibt eine Regionalzeitung online den Bericht über eine Podiumsdiskussion der AfD. Erst unter dem Bericht informiert die Redaktion darüber, dass es sich bei dem Text um eine Pressemitteilung eines AfD-Kreisverbands handelt. Der Artikel ist bis auf minimale Anpassungen wortgleich mit der Pressemitteilung der Partei. Eine Leserin beschwert sich beim Presserat darüber, dass die Zeitung regelmäßig Pressemitteilungen der AfD veröffentliche, ohne diese als Parteiwerbung zu kennzeichnen. Pressemitteilungen anderer Parteien würden nicht veröffentlicht.

Die Redaktion:

Der Chefredakteur der Zeitung nimmt Stellung dazu. Er kann nicht nachvollziehen, inwieweit der kritisierte Artikel gegen den Pressekodex verstoße. Er stellt fest, dass die Redaktion die Pressemitteilung der AfD vor Veröffentlichung geprüft und keine Verstöße gegen presseethische Grundsätze festgestellt habe. Die Pressemitteilung sei als solche gekennzeichnet worden, am Ende des Textes stehe der Vermerk „Pressemitteilung der AfD, Kreisverband Rosenheim“. Im Übrigen sei die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass Pressemitteilungen anderer Parteien nicht gebracht würden, haltlos und aus der Luft gegriffen. Nach Prüfung würden die Pressemitteilungen aller Parteien in identischer Form veröffentlicht. Beschwerden heimischer Politiker habe es bislang nicht gegeben. Vielmehr habe die Redaktion häufig Lob wegen ihrer Neutralität bekommen.

Das Ergebnis:

Der Beschwerdeausschuss erkennt in der Veröffentlichung der AfD-Pressemitteilung einen Verstoß gegen die in Ziffer 1 des Pressekodex geforderte wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit. Er spricht eine Missbilligung aus. Nach Richtlinie 1.3 müssen Pressemitteilungen als solche gekennzeichnet sein, wenn sie ohne Bearbeitung veröffentlicht werden. Der Hinweis auf die Pressemitteilung erst am Ende des Beitrages reicht nicht aus. Mit der Veröffentlichung von unbearbeiteten Pressemitteilungen erhalten deren Verfasser die Möglichkeit, ihre Sicht auf einen Sachverhalt ungefiltert zu präsentieren. Objektivität kann bei Pressemitteilungen grundsätzlich nicht vorausgesetzt werden. Deshalb ist es erforderlich, Pressemitteilungen auf eine Art zu kennzeichnen, die auch flüchtige Leser über diesen Umstand informiert.

Der Kodex:

Ziffer 1 – Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde

Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse. Jede in der Presse tätige Person wahrt auf dieser Grundlage das Ansehen und die
Glaubwürdigkeit der Medien.

Richtlinie 1.3 - Pressemitteilungen

Pressemitteilungen müssen als solche gekennzeichnet werden, wenn sie ohne Bearbeitung durch die Redaktion veröffentlicht werden.

 

Vivian Upmann

Autorin

Sonja Volkmann-Schluck ist Journalistin und Referentin für Öffentlichkeitsarbeit.

E-Mail: volkmann-schluck@presserat.de

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