Presserat

Schläger als „Ausländer“ bezeichnet

von

aus drehscheibe 14/19

Der Fall 

Eine Regionalzeitung berichtet über Schlägereien in der Innenstadt. Zwei Gruppen von Ausländern seien zunächst in einen Streit geraten und hätten nach Polizeiangaben mit Gürteln aufeinander eingeschlagen. Während die eine Gruppe unerkannt flüchtete, blieben deren Widersacher vor Ort und hätten wenig später einen jungen Mann bedrängt, der mit anderen Deutschen auf Einlass in einen Club wartete. Eine Leserin der Zeitung kritisiert, dass die Gegenüberstellung von „Ausländern“ und „Deutschen“ zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung führen könne. Eine Nennung der Nationalität wäre zu tolerieren, aber eine bloße Zuordnung zur Gruppe „Ausländer“ lese sich abwertend.

Die Redaktion

Der Leiter Personal und Recht des Verlages widerspricht der Beschwerdeführerin. Wenn 15 Personen, die sich auf zwei Gruppen verteilten, verschiedene nicht-deutsche Staatsangehörigkeiten hätten, dann sei der zutreffende Oberbegriff dafür, dass es sich um zwei Gruppen von „Ausländern“ handele. Inwieweit dies stärker die Gefahr einer Diskriminierung begründe als die Nennung der einzelnen Nationalitäten, erschließt sich der Redaktion nicht. Im konkreten Fall seien alle Mitglieder der beiden Gruppen, die zunächst miteinander in Streit gerieten, durch das gemeinsame Merkmal der ausländischen Herkunft verbunden. Deshalb habe die Redaktion zutreffend und in Übereinstimmung mit dem Pressekodex den Begriff „Ausländer“ gewählt.

Das Ergebnis

Die Zeitung hat nicht gegen presseethische Grundsätze verstoßen. Die Richtlinie 12.1 des Pressekodex sieht zwar vor, dass die Zugehörigkeit von Tätern in der Regel nicht erwähnt werden soll, um diskriminierende Verallgemeinerungen zu vermeiden. Bei Taten, die aus größeren Gruppen heraus begangen werden, sieht der Presserat aber ein berechtigtes öffentliches Interesse an der Herkunftsnennung. Also darf hier das Merkmal „Ausländer“ genannt werden.

Kodex

Ziffer 12 – Diskriminierungen

Niemand darf wegen seines Geschlechts, einer Behinderung oder seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden.

Richtlinie 12.1 – Berichterstattung über Straftaten

In der Berichterstattung über Straftaten ist darauf zu achten, dass die Erwähnung der Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten nicht zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens führt. Die Zugehörigkeit soll in der Regel nicht erwähnt werden, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte.

Link

Zu den Leitsätzen mit Kriterien der Herkunftsnennung: www.t1p.de/presserat-herkunft

 

Vivian Upmann

Autorin

Sonja Volkmann-Schluck ist Journalistin und Referentin für Öffentlichkeitsarbeit.

E-Mail: volkmann-schluck@presserat.de

Veröffentlicht am

Zurück

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Kommentieren

Bei den mit Sternchen (*) markierten Feldern handelt es sich um Pflichtfelder.