Ein Fall für den Presserat

Wenn sich Werbung ins Blatt schleicht

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In einer Serie erläutert eine Maklerin, welches Potenzial der regionale Grundstücksmarkt hat. Im Text weist sie auch auf ein Angebot ihres Unternehmens hin. Ein Leser sieht darin Schleichwerbung.

Der Fall:

Eine Regionalzeitung schreibt unter dem Titel „Ein begehrtes Bergdorf mit See“ über das Bauland einer kleinen Gemeinde im Verbreitungsgebiet. In den Artikel eingebaut ist ein Infokasten mit dem Titel „Die Bewertung von Experten“. Darin beurteilt eine Maklerin einer namentlich genannten Immobilienfirma Situation und Entwicklungspotenzial der Gemeinde. In diesem Zusammenhang weist sie auch darauf hin, dass ihr Unternehmen noch ein Grundstück in dem Ort verkauft: „Wir selbst können noch ein Grundstück anbieten im Bebauungsgebiet an der Kirschallee.“ Ein Leser ist der Ansicht, hier finde Schleichwerbung für das genannte Unternehmen statt. Insbesondere entstehe ein Wettbewerbsvorteil für das Immobilienbüro durch die mehrfache Nennung des Unternehmens. Der vorgelegte Beitrag sei zudem nur ein Artikel aus einer ganzen Serie, in der das Unternehmen vorkomme. Weiterhin sieht er Schleichwerbung darin, dass die Maklerin ein konkretes Immobilienangebot in der Veröffentlichung nennt.

Die Redaktion:

Der Chefredakteur erläutert, dass die Redaktion in einer Serie den Fragen nachgehe, wie gut es sich im Umland einer bestimmten Stadt wohnen lasse, wie der Immobilienmarkt beschaffen sei und wie sich einzelne Lagen entwickelten. Die Redaktion habe dabei auf eine bestimmte Expertin zurückgegriffen, da sie über gutes statistisches Material verfüge und sich sowohl in der Stadt als auch im Umland sehr gut auskenne. Für ihre Auswahl seien ausschließlich redaktionelle Gründe ausschlaggebend gewesen. In einem Punkt aber gibt er dem Leser recht. Das konkrete Immobilienangebot gehöre nicht in eine Expertenbewertung. Der Satz sei beim Redigieren durchgerutscht und der einzige Fehler in der Serie.

Das Ergebnis:

Der Presserat sieht einen klaren Fall von Schleichwerbung. Dadurch, dass im Zuge der Serie ausschließlich eine einzige Maklerin als Expertin zu Wort kommt, entsteht ein Werbeeffekt für deren Unternehmen. Ein Alleinstellungsmerkmal, das die Expertin vor allen anderen Immobilienexperten der Region auszeichnet, kann der Presserat nicht erkennen. Um einen unzulässigen Werbeeffekt zu vermeiden, wäre es deshalb angebracht gewesen, mehrere Makler in der Serie als Experten zu Wort kommen zu lassen. Schleichwerbung entsteht auch dadurch, dass die Vertreterin des besagten Unternehmens in dem Infokasten darauf hinweist, dass ihr Unternehmen an der Kirschallee noch ein Grundstück anbietet. Durch diesen Hinweis entsteht Werbung für ein konkretes Objekt.

Der Kodex:

Ziffer 7 - Trennung von Werbung und Redaktion

Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken. Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.

Richtlinie 7.2. – Schleichwerbung

Redaktionelle Veröffentlichungen, die auf Unternehmen, ihre Erzeugnisse, Leistungen oder Veranstaltungen hinweisen, dürfen nicht die Grenze zur Schleichwerbung überschreiten. Eine Überschreitung liegt insbesondere nahe, wenn die Veröffentlichung über ein begründetes öffentliches Interesse oder das Informationsinteresse der Leser hinausgeht oder von dritter Seite bezahlt bzw. durch geldwerte Vorteile belohnt wird.

Edda Eick

Autorin

Edda Eick ist Journalistin und Referentin für Öffentlichkeitsarbeit.
Telefon 030 – 36 70 07-0
E-Mail: eick@presserat.de

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