Literarischer Adventskalender
von Gastautor
Für den Advent hat sich die Backnanger Kreiszeitung im vorigen Jahr was ganz Besonders ausgedacht: Einen Adventskalender, den Autorinnen und Autoren als Fortsetzungsgeschichte schreiben. Ein Making-of von Redakteur Kai Wieland.
Idee
Einen als Serie konzipierten Adventskalender mit jährlich wechselnden thematischen Schwerpunkten – etwa Kirchen im Verbreitungsgebiet und ihre Geschichten – gibt es bei der Backnanger Kreiszeitung schon lange. Immer wieder kursierte in der Redaktion auch die Idee eines literarischen Adventskalenders in Form einer Fortsetzungsgeschichte. Bis dato war eine Umsetzung allerdings an der aufwendigen Konzeption gescheitert, denn für das Gelingen ist ein frühzeitiger Einstieg in das Projekt notwendig – zu einem Zeitpunkt, an dem man sich in der Regel noch nicht mit Weihnachten beschäftigt.
Planung
Bereits Ende August kontaktierte ich Berufs- und Hobbyautoren und Kulturschaffende aus dem Verbreitungsgebiet, um allen ausreichend Zeit zum Schreiben einzuräumen. Insgesamt 20 aufeinander aufbauende Serienteile – der Kalender lief ausschließlich im Print und sonntags erscheint unsere Zeitung nicht – sollten verfasst und die einzelnen Kapitel entsprechend illustriert werden. Eine detaillierte Zeitplanung – wer schreibt zu welchem Zeitpunkt welches Kapitel? – wurde abgestimmt, an alle Teilnehmer verschickt und laufend aktualisiert. Da insbesondere für die finalen Kapitel nur wenig Zeit zur Verfügung stand, wurden hier erfahrene Verlagsautoren wie Jürgen Seibold und Klaus Wanninger eingeplant. Im Krankheitsfall konnten Positionen getauscht werden.
Inhalt
Da ich nebenberuflich literarisch tätig bin, verfasste ich das Auftaktkapitel selbst und wählte als Szenario eine Backnanger Adaption der Weihnachtsgeschichte nach Charles Dickens. Der griesgrämige Protagonist Johannes Eisele sollte täglich eine eindrückliche Begegnung erleben, sei es mit einer Person, mit einem Lied oder mit einem Gegenstand. Jedes Kapitel sollte ausschließlich am jeweiligen Kalendertag spielen und somit in sich geschlossen sein. So konnten die Autoren einerseits Inhalte der vorangegangenen Serienteile aufgreifen, andererseits drehte die Geschichte auf diese Weise nicht allzu sehr ab. Außerdem konnten Leser, die einen Serienteil verpasst hatten, dadurch gut wieder in die Story einsteigen.
Umsetzung
Ein detailliertes Briefing mit formalen Vorgaben, etwa zur Erzähl- und zur Zeitform, sollte dafür sorgen, dass sich trotz unterschiedlicher Autoren eine einheitliche Erzählstimme entwickelte. Die Übergabe der Serienteile zwischen den Schreibenden erfolgte immer über mich, sodass ich die jeweils neu hinzugekommenen Kapitel lektorieren und den Zeitplan im Blick behalten konnte. Der Adventskalender wurde außerhalb des üblichen Layouts gestaltet und als Grafik eingespiegelt. Im Anschluss an den letzten Serienteil ließ ich das Projekt in einem Artikel Revue passieren, wobei auch die Autorinnen und Autoren zu Wort kamen und ihre Erfahrungen schilderten.
Fazit
Da es sich um eine Fortsetzungsgeschichte handelte, konnten die Schreibenden nur der Reihe nach ans Werk gehen. Die größte Herausforderung bestand daher in der Koordinierung. Dank der zuverlässigen Mitarbeit aller Autoren und der Illustratorin verlief das Projekt aber reibungslos. Alle Inhalte wurden fristgerecht oder früher geliefert, sodass sogar ein kleiner Puffer aufgebaut wurde, der gerade gegen Ende wertvoll war. Dabei half wohl das gewählte Setting der Geschichte, das den Autoren unabhängig von den anderen Texten zumindest ein grobes Vorausplanen des eigenen Kapitels ermöglichte. Ein Schwachpunkt des Konzepts: Der gewählte Rahmen ging zu Lasten der Dynamik, denn nach einigen Kapiteln stellte sich in der Erzählstruktur ein Wiederholungseffekt ein.
Resonanz
Die Rückmeldungen aus der Leserschaft und auch der teilnehmenden Autoren waren insgesamt positiv. Das Konzept wurde demnach als etwas Neues, Frisches und auch Leichtes erlebt. Es war insofern ein Experiment, das unter dem Strich aufgegangen ist und allen Beteiligten Spaß gemacht hat. Bei einem abschließenden Autorentreffen gab es noch einmal Gelegenheit zum Austausch. Für mich als Kulturredakteur war das Projekt insofern auch zur Kontaktpflege vorteilhaft.
drehscheibeTipp
Hinter jedem Türchen im Adventskalender verbirgt sich der Gruß eines lokalen Promis mit einer kleinen Weihnachtsanekdote aus der eigenen Familie.
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