Interview

Eine Leberwurst für den Botschafter

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Hat Walter Adam Leberwurst im Gepäck? (Foto: Screenshot Rheinpfalz)
Hat Walter Adam Leberwurst im Gepäck? (Foto: Screenshot Rheinpfalz)

Am 15. Juni ist ein Metzgermeister aus der Südpfalz in die ukrainische Botschaft nach Berlin eingeladen. Er hatte dem Botschafter Andrij Melnyk eine hausgemachte Leberwurst geschickt, als Anspielung darauf, dass Melnyk Bundeskanzler Olaf Scholz als „beleidigte Leberwurst“ bezeichnet hatte, weil er nicht nach Kiew reisen will. Wie die Geschichte mithilfe der Rheinpfalz ins Rollen gekommen ist, verrät uns Redakteur Falk Reimer.

Herr Reimer, wie entstand diese aufsehenerregende Geschichte, die ja in Social Media für einiges Aufsehen sorgte?

Bei einer Redaktionskonferenz kam uns die Idee, die damalige Leberwurst-Affäre zwischen Olaf Scholz und Andrij Melnyk zu nutzen, um Aufmerksamkeit auf die Lage der Handwerksbetriebe in der Südpfalz zu lenken. Die klassischen Metzgereibetriebe sterben auch hier weiterhin aus, deshalb möchten wir das Thema präsent halten und die Betriebe unterstützen. Ich rief daher Walter Adam an, den Obermeister der Metzger-Innung in der Südpfalz. Er war sofort begeistert von der Idee. Ich interviewte ihn und stellte den Beitrag mit der Überschrift „Pfälzer können nicht beleidigt sein“ noch am Abend online. Als ich kurz nach dem Erscheinen von Arbeitskollegen darauf hingewiesen wurde, dass Melnyk den Beitrag auf Twitter geteilt habe, war mir klar, wir müssen nachlegen. Eine Kollegin aus der Online-Redaktion veröffentlichte sofort einen weiteren Beitrag mit dem Inhalt: Melnyk hat Rheinpfalz-Beitrag geteilt. Ich rief Walter Adam an, um ihm die Neuigkeit zu erzählen, aber er wusste da schon Bescheid und hielt es obendrein für einen Witz. In diesem Telefonat kam die Idee auf, dass man Melnyk einen Präsentkorb mit selbstgemachter Leberwurst schicken könne. Dieser wurde von Stammkunden Adams, die eine private Reise nach Berlin geplant hatten, der Botschaft übergeben. Melnyk hat sich für seinen Twitter-Account mit der Leberwurst ablichten lassen. Nun hat er Adam und seine Frau für den 9. und 10. Juni in die Botschaft eingeladen – privates Abendessen inklusive.

 

Gab es weitere Reaktionen auf den Beitrag?

Privat gab es einige freudige Reaktionen. Adam möchte weiter die Chance nutzen, den Handwerksbetrieben in der Region noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Es gab aber auch Reaktionen, die nicht so freudig und nett waren. Auf den sozialen Netzwerken haben sich viele Trolle zu Wort gemeldet. Menschen haben Melnyk das Existenzrecht abgesprochen, andere haben in Richtung Adams auch eklige Bemerkungen abgegeben. Das geht natürlich nicht.

Die Leberwurst ist da! Tweet des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk
Die Leberwurst ist da! Tweet des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk

Und wie sehen Sie selber die Geschichte?

Ich freue mich sehr darüber, was die ganze Sache ausgelöst hat. Damit war überhaupt nicht zu rechnen. Ich muss gestehen, ich bin auch ein bisschen stolz. Die Redaktion hat sich meiner Wahrnehmung nach auch sehr darüber gefreut. Ich kann mit den Adams nach Berlin fahren und je nach tagesaktuellem Geschehen auch ein Gespräch mit Melnyk führen, das hat die Botschaft zugesichert. Sollte es an diesem Tag nicht klappen, wäre es auch okay. Die unzähligen russischen Verbrechen in der Ukraine haben natürlich absolute Priorität.

Interview: Nick Käseberg

Falk Reimer

ist Redakteur der Rheinpfalz.
E-Mail: Falk.Reimer@rheinpfalz.de

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