Interview

„Manchmal muss man schnell sein“

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Neugründung im ostbayerischen Raum: die Regensburger Zeitung
Neugründung im ostbayerischen Raum: die Regensburger Zeitung

Eher ungewöhnlich in diesen Zeiten: Der Straubinger Verleger Martin Balle bringt eine neue lokale Tageszeitung für Regensburg heraus. Wir sprachen mit ihm über seine Beweggründe.

Herr Balle, Sie haben kürzlich für Schlagzeilen gesorgt. Sie bringen in solchen schwierigen Zeiten mal eben eine neue Tageszeitung heraus, die Regensburger Zeitung. Warum haben Sie sich dafür entschieden?

Fakt ist, dass es in Ostbayern drei große Verlage bzw. Zeitungen gab, nämlich die Mittelbayerische Zeitung, die Passauer Neue Presse und uns, das Straubinger Tagblatt. Nachdem jetzt die Passauer Neue Presse die Mittelbayerische Zeitung für sehr viel Geld gekauft hat, müssen wir schauen, dass wir ebenbürtig bleiben. Und das wollen wir erreichen, indem wir eine eigene Zeitung für Regensburg vorlegen. Wir sind ja dort im Landkreis schon seit vielen Jahrzehnten mit der Donau-Post vertreten, und nun erhalten wir mit Regensburg-Stadt einen vergleichbaren Marktzugang wie die Kollegen aus Passau.

Sie haben das in einer unglaublichen Geschwindigkeit gemacht. Innerhalb einer Woche. Wie geht das?

Wenn man nicht auf der Brennsuppe daherkommt, geht das schon. Wir haben am Wochenende überlegt, was wir machen könnten. Am Montag hatten wir dann einen Plan, am Mittwoch waren wir fertig. Und am Samstag ging‘s los. Manchmal muss man schnell sein.

Wie sehen Auflage und Umfang der Regensburger Zeitung aus?

Wir haben ja schon vorher rund zehn Landkreisseiten produziert und ein bis zwei Seiten aus der Stadt Regensburg. Nun machen wir täglich zwischen fünf und acht Seiten aus der Stadt und nach wie vor knapp zehn Seiten aus dem Landkreis. Die verkaufte Auflage liegt bei rund 6000 Exemplaren. Wir hatten ja im Landkreis vorher um die 5500, nun kommen rund 500 aus Regensburg hinzu.

Sie nutzen hierfür die kleine Regensburger Lokalredaktion, die Sie schon hatten.

Wir haben bereits von drei auf sieben Mitarbeiter erweitert, also die Schlagkraft mehr als verdoppelt.

Ist die Regensburger Zeitung eine klassische lokale Tageszeitung oder geht es auch in Richtung Boulevard wie etwa bei der Abendzeitung, die ja zu Ihrem Verlag gehört?

Boulevard müssen wir ja mittlerweile alle machen. Und das machen wir auch gern. Leute erheitern und ermuntern, das gehört dazu. Aber auch Leute informieren, über das Stadtgeschehen, es gibt viele Möglichkeiten, Leser zu begeistern.

Sie haben in einem früheren drehscheibe-Interview – da ging‘s um die Abendzeitung für Landshut – einmal gesagt, es könne auch lukrativ sein, mit kleinen, spartenbezogenen Blättern auf den Markt zu kommen. Ist die Regensburger Zeitung so etwas?

Wir geben in Landshut die seriöse Tageszeitung – die Landshuter Zeitung – und eine fröhliche Boulevardzeitung, die Abendzeitung Landshut, heraus. Damit ist der Markt dort dicht. Hinzu kommt: Die Geschichten, die wir dort im Boulevard machen, kommen auch in die seriöse Tageszeitung, die dadurch wesentlich interessanter geworden ist. Das hat unsere Position gestärkt. In Regensburg wollen wir aber eine größere Menge verkaufen. Das Projekt ist größer angelegt als die Abendzeitung für Landshut.

Was stimmt Sie optimistisch, dass es klappen könnte? Die Mittelbayerische verschwindet ja nicht durch den Aufkauf.

Wir glauben, dass in Regensburg ein Bedarf an hochwertigem Lokaljournalismus besteht. Wir sind mit offenen Armen empfangen worden. Wir haben großes Feedback bekommen. Anrufe in der Redaktion, E-Mails etc. Leute, die sofort abonniert haben. Es hat besser begonnen, als wir erwartet haben.

Es herrscht ein Konkurrenzkampf zwischen Ihrem Verlag, der Straubinger Mediengruppe Attenkofer, und der Verlagsgruppe Passau, die die Mittelbayerische, aber etwa auch den Donaukurier aus Ingolstadt übernommen hat. Müssen Sie sich dagegen zur Wehr setzen?

Wir müssen schon aufpassen. Wir sind ja zum Beispiel mit der Zeitung Der neue Tag aus Weiden verbunden, diese Kooperation wollen wir vertiefen, bei völliger Eigenständigkeit der Verlage. Zusammen haben wir eine Auflage von über 220.000. So sind wir wettbewerbsfähig.

Ist Konkurrenz nicht gut fürs Geschäft? Für die Leser und den Lokaljournalismus?

Es ist besser, wenn die Medienlandschaft differenzierter ist und es mehrere Verlage gibt. Jetzt gibt es in Ostbayern zwei große Blöcke, die Passauer Neue Presse und uns zusammen mit dem Neuen Tag. Da stehen sich zwei große Gegner auf dem Markt gegenüber. Besser wäre es, wenn es vier oder fünf mittlere Konkurrenten wären. Beim Zeitungsmachen geht es uns auch um die Demokratie, nicht nur ums Geld. Es geht auch um die Ideale, die dahinterstehen. Das ist die eigentliche Konkurrenz.

Interview: Stefan Wirner

Sehen Sie hier ein drehscheibe-Gespräch mit Martin Balle:

Wie Verleger Martin Balle gegen den Trend expandiert

Dr. Martin Balle

ist Verleger der Straubinger Mediengruppe Attenkofer, die unter anderem das Straubinger Tagblatt und die Münchner Abendzeitung herausgibt.

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