Interview

Mehr als nur Horst Schlämmer

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Patrick Torma befasst sich mit Filmen, die sich um Journalisten drehen. (Foto: Camillo Lemke)
Patrick Torma befasst sich mit Filmen, die sich um Journalisten drehen. (Foto: Camillo Lemke)

Patrick Torma beschäftigt sich auf seinem Blog mit Filmen, in denen Journalistinnen und Journalisten eine Rolle spielen. Gut 300 hat er schon besprochen. Wie entstand diese Leidenschaft?

Herr Torma, gleich einmal vorweg: Welcher ist Ihr Lieblingsjournalistenfilm?

Da muss ich direkt eine ganz langweilige Antwort geben. Denn das ist ein absoluter Klassiker: „Die Unbestechlichen“ mit Dustin Hoffman und Robert Redford. Eigentlich hätte man nach diesem Film aufhören können, denn er sagt so viel über Journalismus aus.

Was denn zum Beispiel?

Erst mal finde ich grandios, wie wenig verklärend er an den Journalismus herangeht. Es ist kein glamouröser Job, das zeigt der Film. Und eben auch wesentliche Prinzipien: Recherche, Zwei-Quellen-Prinzip, Informantenschutz.

Sie haben einige hundert Filme mit oder über Journalisten angesehen. Wie werden sie im Film dargestellt?

Vergleichbar mit Polizisten im Film: Es gibt die Guten, die Wahrheitsverfechter, die sich aufopfern, und es gibt die Schmierfinken, die Aasgeier, die Untersuchungen behindern, sich in unehrbarer Weise potenziellen Informanten nähern. Das Kino kennt die Extreme.

Gibt es denn so viele Filme, in denen Journalisten eine Rolle spielen?

Als ich den Blog angefangen habe, dachte ich: Da kommst du so auf 100 Filme, dann ist das Thema abgegrast. Aktuell habe ich auf meinem Blog gut 300 Filme, die ich im Podcast und in Artikeln bespreche. Auf meiner Watchlist stehen 600 Beiträge, die ich noch nicht gesehen habe. Und da gibt es noch mehr. Was ich noch nicht überblickt habe, ist das Frühkino – da gibt es Unmengen an Zeitungsfilmen. Und gerade fange ich an, mich mit indischem und japanischem Kino zu befassen.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen?

Den Blog habe ich 2015 gestartet. Dass ich darauf achte, wenn Journalisten die Filmleinwand betreten, das ist früh passiert. Ein Schlüsselerlebnis war Anfang der 2000er, als ich den Film „Roter Drache“ gesehen habe. Da gibt es einen Journalisten, Freddie Lounds. Er übertritt Grenzen, begeht Amtsanmaßung, er gibt sich als Polizist aus, behindert die Ermittlungen. Immer wenn danach Journalisten die Leinwand betraten, hat sich schlagartig meine Aufmerksamkeit erhöht. Mittlerweile habe ich meinen Frieden mit Lounds geschlossen.

Und dann kam Horst Schlämmer …

Ja, das ist die Ikone schlechthin. Ich fand die Figur damals nicht witzig. Vielleicht auch, weil sie einem den Spiegel vorgehalten hat. Klar steckt in Klischees auch ein Fünkchen Wahrheit, aber: Ich kenne die Leute im Lokalen, die reißen sich den Hintern auf, und dann kommt Horst Schlämmer und macht seine Kalauer und bringt die ewigen Geschichten vom Kaninchenzüchterverein.

Gibt es noch andere Filme über Lokaljournalisten?

Filmisch ist der Lokaljournalismus relativ unterbelichtet. Am ehesten könnte man den Film „Spotlight“ mit dem Lokalen in Verbindung bringen, der Oscar-Gewinner von 2016. Der Film spielt in Boston, es geht um den systematischen Missbrauch von Kindern in der katholischen Kirche. Das ist ja eine Geschichte, die dann weltweit Schlagzeilen gemacht hat und vom Lokalen recherchiert wurde.

Sie haben sicher einen guten Überblick über die Jahrzehnte. Gibt es Trends in der Darstellung des Journalismus?

Die 70er-Jahre waren eine Hochphase des investigativen Journalismus. Plötzlich waren Journalisten angesagt als Heldenfiguren. Journalisten, die noch detektivischer sind als Detektive. Selbst in Horror- und in Science-Fiction-Filmen haben sie die Hauptrolle gespielt. Die 80er-Jahre sind die klassische Phase für das Krisenkino, in den 90er-Jahren ist das Interesse abgeebbt. In den 2000ern ging es dann wieder darum, Journalisten in das System einzubetten. Aktuell ist der Journalismus in Filmen sehr präsent, auch als Antwort auf Fake-News-Debatten.

Welcher Film kommt als Nächstes?

Mir fehlen noch ein paar große Klassiker, zum Beispiel von Federico Fellini „Das süße Leben“. Mir geht der Stoff nicht aus … 


Interview: Katharina Dodel

 

Hier geht es zum Blog von Patrick Torma.

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