Leseranwalt

Eine Flasche Wein, Pralinen oder ein Strauß Blumen gefällig?

von Gastautor

Aus drehscheibe 13/2025

Redaktionen erhalten viel Post. Neben Briefen und Mails ist manchmal ein kleines Geschenkpaket dabei, zum Beispiel wenn sich Leser und Leserinnen von Herzen bedanken möchten, weil ihnen das Team der Leseranwältin bei der Lösung eines Problems helfen konnte.

Über den Dank freuen wir uns sehr, aber: Dürfen wir die Flasche Wein, die Schachtel Pralinen oder den Strauß Blumen überhaupt annehmen? Wir sind ja Journalisten. Unsere Glaubwürdigkeit beruht darauf, dass wir unabhängig sind und uns nicht durch Vergünstigungen von dritter Seite beeinflussen lassen; alles andere ist nach Ziffer 15 des Pressekodex unehrenhaft und berufswidrig.

Auf die Größe kommt es an: Müssen Journalisten nun konsequenterweise auch die Tasse Kaffee ablehnen, die ihnen ein Gesprächspartner anbietet? Klares Nein. Der Pressekodex zieht die Grenze da, wo der Wert eines Geschenks oder einer Einladung „das im gesellschaftlichen Verkehr übliche und im Rahmen der beruflichen Tätigkeit notwendige Maß übersteigt“.

Ähnlich ist es in der Anti- Korruptions-Richtlinie der Bauer Media Group festgelegt, zu deren Konzern die Magdeburger Volksstimme gehört. Als Beispiel ist dort das erlaubte kleine Weihnachtsgeschenk erwähnt. Hingegen sollte sich ein Redakteur zurückhalten, wenn ihn ein Amtsträger zu einem Abendessen einlädt, um ein politisches Thema zu erörtern. Zu nah läge der Verdacht, dass der eigentliche Zweck darin liegt, ein Klima für wohlwollendere Berichterstattung zu schaffen. Die sauberste Lösung: Jeder zahlt für sich selbst.

Nicht in der Bredouille: Was die eingangs genannten Gaben betrifft, so sind diese unverfänglich. Weder bringen uns die Leser und Leserinnen in die Bredouille noch verstehen wir das als Bestechungsversuch. Dennoch sei betont, dass die Aussicht auf ein Dankeschön keinerlei Einfluss auf das Maß unseres Engagements hat. Wir können nicht jeden Fall annehmen, insbesondere dürfen wir keine Rechtsberatung leisten. Doch jedes Problem, für das wir mit journalistischen Mitteln zu einer Lösung beizutragen versuchen, ist uns gleich ernst und wichtig.

Der Text erschien zuerst in der Magdeburger Volksstimme und wurde leicht redaktionell bearbeitet.

Anton Sahlender

Heike Groll

ist Leitende Redakteurin und Mitglied der Chefredaktion der Volksstimme. Seit 2022 ist sie auch Leseranwältin.

E-Mail: heike.groll@ volksstimme.de

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