Kritisches Denken nicht vergessen
von Gastautor
Aus drehscheibe 08/2025
Wo kann künstliche Intelligenz Journalisten bei ihrer Arbeit unterstützen, wo liegen die Grenzen, wo lauern die Gefahren? Diese Fragen bewegen nicht nur die einzelnen Medienhäuser, sie zogen sich wie ein roter Faden durch die Jahrestagung der Ono, der Organization of News Ombudsmen und Standards Editors. Rund 60 Vertreterinnen und Vertreter von Redaktionen, Nachrichtenagenturen, Medienhäusern und Hochschulen trafen sich in diesem Jahr in Madrid, um die gegenwärtigen Herausforderungen für den Journalismus und die Ombudsleute zu diskutieren. Gastgeber war die spanische Zeitung El País, die in diesem Jahr ein stolzes Jubiläum feiert: Seit 40 Jahren sind hier Ombudsleute Anlaufstelle für Leserinnen, Leser und User.
Wie können Ombudsleute ihr Publikum erreichen? Welche Rolle können sie bei der Stärkung der Medienkompetenz in den Häusern, aber auch beim Publikum spielen? Wie reagieren sie auf die wachsenden Gefahren für die Demokratie? Diese Fragen waren Gegenstand vieler Diskussionsrunden in den Panels, aber auch in den Pausen auf dem Flur.
Ist es möglich, mit oder trotz KI ethische Grenzen einzuhalten, die Persönlichkeit des Gegenübers zwar zu porträtieren, aber auch zu respektieren? Ja, sagte Keynote-Speaker Emilio Morenatti, der leitende Fotograf von AP in Spanien und Portugal. Der Pulitzer-Preisträger warnte dennoch vor den Gefahren: Grenzen zwischen Wahrheit und Fiktion dürften nicht überschritten werden. „Wir müssen das stoppen, bevor es passiert“, forderte er. Fotos müssten Fotos bleiben, mehr denn je müsse Verifizierung wertgeschätzt werden. Schließlich gelte es, den Ruf des Fotografen und die Reputation der Agentur zu bewahren. Jaemark Tordecilla, ein Medienberater für digitale Transformation, stellte ein KI-Tool vor, das ihn bei der Sichtung und Auswertung von Daten unterstützt. Der preisgekrönte Journalist hat es für die Verwendung im investigativen Journalismus „gebaut“. Die Abfrage von Daten spart Wochen bis Monate an Zeit ein. Für ihn ist KI eine große Hilfe für den Journalisten, doch dürfe sie nie das kritische Denken des Menschen ersetzen.
Diese Überzeugung teilte Amanda Barrett, Vice President of News, Standards and Inclusion von Associated Press (AP). „Alles muss über den menschlichen Editor gehen“, so ihre mahnenden Worte. Niemals dürften sensible Informationen in KI-Tools verlagert werden. Wichtig sei, dass die zentrale Rolle des Journalisten nicht verändert wird. Und so arbeiten Agenturen wie AP zwar mit KI in der Produktion, wo die Technik nicht nur in „non news uses“ wie Code Writing oder Nutzer-Plattformen Einzug hält. Sie wird bereits in den Newsrooms angewandt oder für die dortige Verwendung vorbereitet.
So sei etwa der Einsatz von KI bei Überschriften, SEO-Headlines, automatischer Verschlagwortung oder Text-Zusammenfassungen in 100 Worten denkbar, hilfreich und eher unproblematisch. Vielerorts liefen noch Tests, die Entwicklungen seien nicht abgeschlossen. Ganz wichtig war es jedoch für Barrett, zu betonen, dass es Aufgabe der Standards Editors und Leseranwälte sei, die Einhaltung der ethischen Grundsätze zu achten.
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