Man kann es nicht jedem recht machen
von Gastautor
Aus drehscheibe 07/2025
Eine Frau wandte sich mit einer Beschwerde an Chefredakteur Kai Gohlke von den Oberpfalz Medien. Sie wünscht sich „insbesondere mehr Vorabinformationen zu Veranstaltungen im Vereinsleben“. Da es immer schwieriger werde, für Ehrenämter jemanden zu finden, und es für Vereine aus finanziellen Gründen immer bedeutsamer werde, Geld durch Veranstaltungen in die Kasse zu bringen, „wäre eine Unterstützung durch ,Werbeartikel‘ sehr wichtig“, sagt sie.
Was in ihren Augen „auch mehr Aufmerksamkeit verdienen würde“, wären beispielsweise Beiträge über Mitarbeiter-Verabschiedungen und -Ehrungen in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Sie verweist auf eine Anfrage ihrerseits in der Redaktion zu einem Bericht über die Verabschiedung eines langjährigen Mitarbeiters, der von der Redaktion abgelehnt wurde. Angesicht des Personalmangels vor allem in kleinen und mittelständischen Handwerksbetrieben fände sie solche Wertschätzungen für Mitarbeiter ebenfalls sehr wichtig. Weniger interessieren würden sie wiederum Berichte über Eheschließungen, da diese nur an eine kleine Zielgruppe gerichtet seien.
Chefredakteur Kai Gohlke antwortete ihr. Zum Thema Vereinsberichterstattung erklärte er: „Wir räumen bereits jetzt jedem Verein die Möglichkeit ein, unentgeltlich Veranstaltungen auf unserer Terminseite anzukündigen. (...) Wenn wir aus jedem dieser Termineinträge einen ,Werbeartikel‘ machen, würde das jeden Rahmen sprengen.“
Wenn die Redaktion davon ausgehen kann, dass die Ankündigung einen etwas größeren Leserkreis auch außerhalb des Vereins interessiert, kündige sie Veranstaltungen etwas größer an. Diese Meldungen seien täglich fester Bestandteil des Lokalteils. „Würden wir diese noch zahlreicher oder ausführlicher transportieren, entstünde ein Ungleichgewicht zur übrigen Berichterstattung“, erklärte
Gohlke.
Die Verärgerung der Leserin darüber, dass ein Bericht über die 30-jährige Betriebszugehörigkeit eines Mitarbeiters abgelehnt wurde, könne er verstehen, betonte Gohlke. Trotzdem stehe er voll hinter dieser Entscheidung: „Wenn wir darüber in jedem Einzelfall berichten würden, und das vielleicht auch noch jeweils alle fünf Jahre (also nach 25, 30, 35, 40, 45 Jahren etc.), würde der Lokalteil der Zeitung praktisch aus nichts anderem mehr bestehen. Den Personalmangel in den Unternehmen, der ganz andere, strukturelle Gründe hat, würden wir dadurch trotzdem nicht lindern. Und interessieren würden sich für die einzelnen Berichte jeweils nur sehr wenige Leser.“
Völlig anders sei das übrigens bei Hochzeiten in der Region. Gohlke sagt: „Ihre Annahme, dass dafür die Zielgruppen jeweils relativ klein sind, entspricht nicht unseren Erfahrungen. Im Onetz gehören Berichte über Hochzeiten zu den meistgelesenen Artikeln mit teils mehr als 10.000 Aufrufen.“ Zur landkreisübergreifenden Berichterstattung gebe es bei den Leserinnen und Lesern sehr unterschiedliche Meinungen: „Den einen – vor allem natürlich im Grenzbereich – ist sie wichtig, viele andere reagieren darauf aber sehr ablehnend. Wie bei allen Themen versuchen wir deshalb, hier das richtige Maß als Kompromiss zu finden.“
Der Beitrag erschien zuerst in der Zeitung Der neue Tag. Er wurde redaktionell bearbeitet.
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