Lokaltipp Februar 2023

Extreme Siedler

von

Mit Klick aufs Bild gelangen Sie zur PDF-Seite. (Screenshot der Prignitzer)
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Idee: Eine Freundin hatte Fabian Lehmann, damals Redakteur des Prignitzers, heute freier Journalist, auf das Thema gebracht. „Sie hatte eine Veranstaltung zum Thema Ernährung und Nachhaltigkeit besucht, und da waren ihr zwei Personen aufgefallen, die in etwas altertümlichen Gewändern aufgetaucht waren.“ Es stellte sich heraus, dass sie der völkischen Bewegung angehörten und aus einer Siedlung in Grabow stammten. „Das Thema war für mich selbst neu, und ich fing an zu recherchieren.“

Recherche: Lehmann sprach mit Anna Rosga, einer Bildungsreferentin bei der Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz, die ihm Hintergrundinformationen über die Anastasia-Bewegung zur Verfügung stellte, auf die sich die völkischen Siedler beziehen. Außerdem kontaktierte er das Mobile Beratungsteam Neuruppin, das sich in der Region mit Rechtsextremismus auseinandersetzt, und er studierte eine Broschüre der Heinrich-Böll-Stiftung zum Thema. „Nach meinen Gesprächen erschien es mir wenig aussichtsreich, die Kommune selbst zu besuchen. Sie war schon zu bekannt, die Mitglieder sprachen nicht mehr mit der Presse.“ Lehmann empfiehlt aber dennoch, solche Orte zu besuchen und etwa mit Anwohnern zu sprechen. Die Bewegung fasse mittlerweile in vielen Regionen Deutschlands Fuß.

Aufwand: Lehmann recherchierte etwa vier Wochen lang neben dem Tagesgeschäft. Der Redaktion schlug er das Thema erst vor, als er sich schon etwas kundig gemacht hatte. „Das ist wichtig, wenn man so ein neues Thema vermitteln will. Das Interesse war dann sofort vorhanden“, sagt er.

Umsetzung: Der Text erschien auf einer Hintergrundseite des Prignitzers. Lehmann stellt darin die Grundgedanken der Bewegung vor und ordnet sie mithilfe seiner Gesprächspartner ein. „Wichtig war mir, sachlich zu berichten. Die Leser sollten sich ihr eigenes Bild machen. Wichtig ist, dass das Thema in der Öffentlichkeit bekannter wird.“ Diese Bewegung sei schwer zu greifen, weil sie sich von altbekannten Bildern des Rechtsextremismus löse. „Niemand läuft da in Springerstiefeln herum. Eher gibt es Anknüpfungspunkte zu alternativen Lebensformen, zum Ökolandbau, es geht um Tierschutz und Leben auf dem Land. Wenn man genauer hinsieht, entpuppt sich die dahinterstehende Ideologie jedoch als sehr bedenklich und völkisch. Auch wenn nicht unbedingt alle rechtsextrem sind, die dort leben. Oftmals sympathisieren die Leute mit der Lebensweise und werden erst mit der Zeit ideologisiert.“

Reaktionen: „Es gab sehr positive Reaktionen von Leuten, die sich schon länger mit dem Thema befassen“, sagt Lehmann. Aus der Siedlung meldete sich niemand.

drehscheibeTipp:

  • Ist die Anastasia-Bewegung auch in der Region vertreten? Eine Recherche.
  • Gespräch mit einem Soziologen oder einer Soziologin aus der Region: Wie entstehen Ideologien wie die der Anastasia-Bewegung und warum siedeln sich ihre Anhängerinnen und Anhänger ausgerechnet in der Region an?
  • Die Redaktion veröffentlicht einen Aufruf: War jemand aus dem Leserkreis ebenfalls in einer ähnlichen Bewegung und ist ausgestiegen? Anonym werden Aussteiger nach ihren Beweggründen befragt: Warum waren sie Teil der Bewegung? Was haben sie erlebt, was sie letztlich zum Austritt bewogen hat?

Dieses drehbuch erschien zuerst in der Ausgabe 1/2023.

Fabian Lehmann

ist freier Journalist.

Kontakt: mail@fabianlehmann.info

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