Presserat

Berichterstattung to go

von Sonja Volkmann-Schluck

aus drehscheibe 08/2025

Der Fall 

Eine Tageszeitung kündigt die Neueröffnung einer Starbucks-Filiale an. Ab Mitte November könnten Starbucks-Fans ihre Lieblingsgetränke am Hauptbahnhof kaufen. Die Redaktion nennt konkrete Kaffee-Produkte und weist darauf hin, dass Kunden als „Eröffnungsspecial“ einen wiederverwendbaren Becher zu ihrer Bestellung erhalten. Weiter heißt es, dass die Filiale schon die fünfte Niederlassung in der Stadt sei. Die Standorte der anderen vier Filialen werden genannt. Der Beschwerdeführer sieht in dem Beitrag Schleichwerbung. Für ihn besteht kein öffentliches Interesse an einer Berichterstattung über die Filialeröffnung.

Die Redaktion 

Der Ressortleiter sieht keine Verletzung der Ziffer 7 des Pressekodex. Der Hauptbahnhof werde tagtäglich von Tausenden Pendlerinnen und Pendlern genutzt, die dort befindliche Gastronomie sei ein wichtiger Bestandteil im Leben dieser Menschen. Für diese bestehe ein Mehrwert darin, zu wissen, wo sie in der Eile auf dem Weg zum Zug oder in die Arbeit unterwegs einen Kaffee mit- nehmen könnten. Im Zuge der Eröffnung der Filiale habe man den Artikel im Nachhinein jedoch ergänzt und auch die Kritik an Starbucks als Unternehmen aufgefangen, insbesondere im Hinblick auf die niedrigen Löhne und den hohen Arbeitsdruck. Selbstverständlich sei keine Bezahlung für diesen Artikel erfolgt, die Redaktion stehe auch in keinem wirtschaftlichen oder persönlichen Verhältnis zu dem Unternehmen. Bei der Veröffentlichung hätten weder persönliche wirtschaftliche noch geschäftliche Interessen eine Rolle gespielt. Es handele sich um einen rein redaktionellen Inhalt. Deswegen sei keine Werbekennzeichnung erforderlich.

Das Ergebnis 

Der Beschwerdeausschuss erkennt in der Veröffentlichung eine Verletzung der in Ziffer 7 des Pressekodex geforderten klaren Trennung von Redaktion und Werbung und spricht eine Missbilligung und damit die zweitschwerste Sanktion nach der Rüge aus. Zwar sehen die Mitglieder grundsätzlich ein öffentliches Interesse an einer Information über die Eröffnung der Filiale im Hauptbahnhof. Ein derart ausführlicher Beitrag ist jedoch nicht mehr durch ein Informationsinteresse Leser gedeckt. Mit der Nennung der konkreten Produkte, dem Hinweis auf das „Eröffnungsspecial“ und die Aufzählung der anderen in der Stadt bereits angesiedelten Filialen wird die Grenze zur Schleichwerbung nach Richtlinie 7.2 des Pressekodex deutlich überschritten.

Der Kodex

Ziffer 7 – Trennung von Werbung und Redaktion

Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken. Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.

Richtlinie 7.2 – Schleichwerbung

Redaktionelle Veröffentlichungen, die auf Unternehmen, ihre Erzeugnisse, Leistungen oder Veranstaltungen hin- weisen, dürfen nicht die Grenze zur Schleichwerbung überschreiten. Eine Überschreitung liegt insbesondere nahe, wenn die Veröffentlichung über ein begründetes öffentliches Interesse oder das Informationsinteresse der Leser hinausgeht oder von dritter Seite bezahlt bzw. durch geldwerte Vorteile belohnt wird.

Autorin

Sonja Volkmann-Schluck ist Journalistin und Referentin für Öffentlichkeitsarbeit.

E-Mail: volkmann-schluck@presserat.de

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