Blutspende von Jesus
von Sonja Volkmann-Schluck
aus drehscheibe 11/2025
Der Fall
Eine Apotheken-Zeitschrift veröffentlicht eine Karikatur eines Comiczeichner- Duos. Sie zeigt einen katholischen Priester, der durch eine Messe führt und den Kelch mit „dem Blut Christi“ in die Höhe hält. Er sagt: „Nehmet und trinket alle daraus“. Auf einer der Kirchenbänke sitzt ein Kind neben seiner Mutter und fragt: „Warum bringt er es nicht zur Blutspende?“ Eine Leserin sieht ihre religiösen Gefühle verletzt. Für katholische Christen sei Jesus in der Eucharistiefeier mit seinem Leib und seinem Blut leibhaftig anwesend, er habe sein kostbarstes Blut für die Menschen am Kreuz vergossen, um alle ihre Sünden zu sühnen. Außerdem stört sie sich an der aus ihrer Sicht hässlichen Darstellung des Priesters.
Die Redaktion
Die Comiczeichner und ein Anwalt nehmen gegenüber dem Presserat Stellung. Das Zeichner-Duo schreibt: „Wir zeichnen für die Zeitschrift Cartoons zu verschiedenen Gesundheitsthemen. Das Thema war für uns daher nicht die Kirche, sondern die Blutspende. Ein kleiner Junge, der offenbar zum ersten Mal in der Kirche und mit den dortigen Ritualen nicht vertraut ist, fragt seine Mutter, warum das Blut Christi getrunken und nicht gespendet werden soll. Aus der Sicht eines Kindes, das nicht weiß, dass sich im Kelch Messwein befindet, eine völlig berechtigte Frage. Die Zeichnung macht weder den Pfarrer noch die Kirche verächtlich. Inhaltlich ist der Witz nicht einmal kirchenkritisch, da er auf einem formalen Missverständnis beruht. Aber selbst wenn man das Kind beim Wort nimmt, erkennen wir keinen beleidigenden Inhalt. Es müsste doch gerade für Christen eine schöne Vorstellung sein, dass mit dem Blut Christi Menschenleben gerettet werden.“
Das Ergebnis
Der Beschwerdeausschuss erkennt keine Verletzung der Grundsätze nach Ziffer 10 des Pressekodex. Der Presserat hält grundsätzlich auch scharfe, polemische Satire für zulässig – solange sie einen sachlichen Kern an Kritik enthält. Die Karikatur thematisiert das realistische Missverständnis eines Kindes, das den Messwein für das echte Blut von Jesus Christus hält und naiv fragt, ob man nicht Sinnvolleres damit anfangen könne. Zu-dem schließt sich der Ausschuss der Auffas- sung an, dass das Thema des Beitrags vordergründig die Blutspende ist und deswegen in einer Zeitschrift mit medizinischem Bezug durchaus passend platziert ist. Der damit einhergehenden sachlichen Kritik an liturgischen Handlungen müssen sich Christen im Rahmen der Meinungsfreiheit stellen.
Der Kodex
Ziffer 10 – Religion, Weltanschauung, Sitte
Die Presse verzichtet darauf, religiöse, weltanschauliche oder sittliche Überzeugungen zu schmähen.
Veröffentlicht am


Kommentare
Einen Kommentar schreiben