Der Graue Wolf im Schafspelz
von Laura Denndorf

In Sindelfingen streben die Grauen Wölfe nach politischem Einfluss. Welche Kontakte zu Menschen aus der Politik bereits bestehen, legte eine Recherche offen.
Idee
Es ist nicht leicht, im Lokalen über die „Grauen Wölfe“ zu schreiben. Michael Weißenborn, Reporter der Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten, wurde durch einen Tippgeber auf das Thema aufmerksam gemacht und stellte fest, dass sich einige dieser Extremisten in der Lokalpolitik engagieren. „Graue Wölfe sind eine der größten rechtsextremen Organisationen und in ganz Deutschland verteilt“, sagt Weißenborn. „Es ist wichtig, dass Redaktionen sich auch um diese Rechtsextremisten kümmern. Viele schrecken aber davor zurück, über den auslandsbezogenen Extremismus wie den der Grauen Wölfe zu berichten.“
Umsetzung
Im Artikel konnte Weißenborn aufzeigen, wie stark sich türkeistämmige Extremisten in der Kommunalpolitik tummeln. Für die Recherche sichtete er in den sozialen Netzwerken Fotos, auf denen türkeistämmige Extremisten den Wolfsgruß zeigen, selbst schon Kinder und Jugendliche damit vertraut machen und an anderer Stelle mit Lokalpolitikern verkehren. „Dabei ist es wichtig, das Material zu sichern und Screenshots zu machen“, betont der Reporter. Außerdem zog Weißenborn Extremismus-Experten hinzu, um die ideologischen Hintergründe von Gruppierungen wie der Grauen Wölfe oder auch der Islamischen Gemeinde Milli Görüs (IGMG) einzuordnen. So konnte er Überschneidungen zwischen dem türkischen Rechtsextremismus und dem Islamismus aufzeigen.
Gleichzeitig bemühte er sich um Stellungnahmen der betroffenen Personen, die er im Artikel namentlich erwähnt. Diese blieben jedoch aus. „Extremisten wie die Grauen Wölfe wollen um jeden Preis vermeiden, dass über ihre Aktivitäten berichtet wird. Eine presserechtliche Vorabprüfung des Artikels durch unsere Anwälte gehört daher inzwischen zur Routine“, sagt Weißenborn. Der Reporter untersuchte auch die Verflechtungen zwischen deutschstämmigen politischen Mandatsträgern, den auslandsbezogenen Vereinen und religiösen Organisationen. „Der Verfassungsschutz ist bei diesem Thema sehr hilfreich“, so Weißenborn.
Reaktionen
„Auf die Veröffentlichung folgten Gegendarstellungsersuchen, die jedoch abgewehrt wurden. Aus der einschlägigen Community gab es einige verharmlosende Zuschriften. In den sozialen Medien wurden einige Belege gelöscht. Daher ist die Sicherung des Materials bei einer Recherche wie dieser so wichtig“, sagt Weißenborn. Und in der Lokalpolitik wurde ihm vereinzelt – weil er seine Recherchen im Kontext einer Oberbürgermeisterwahl veröffentlichte – fälschlicherweise Wahlbeeinflussung unterstellt. „Im Sinne des inneren Friedens in Deutschland fände ich es gut, wenn Politiker auf allen Ebenen genauer hinsehen würden, wer sich ihnen da als Partner andient.“
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