Extremisten in der eigenen Stadt
von Nina Sabo
Ein Redakteur der Augsburger Allgemeinen spürt den extremistischen Bewegungen in der Region nach. Er erklärt, inwiefern er dafür mit dem Verfassungsschutzbericht gearbeitet hat.
Idee
„Die Mitte gerät politisch, aber auch gesellschaftlich immer mehr unter Druck“, sagt Maximilian Kramer von der Augsburger Allgemeinen. Deshalb richtet die Redaktion regelmäßig den Blick auf extremistische Organisationen in Augsburg. Als das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz Anfang August seinen Halbjahresbericht veröffentlichte, nahm Kramer diesen als Aufhänger für einen Beitrag. „Der Bericht liefert konkrete Hinweise auf Veränderungen und neue Phänomene. Das war die Basis für unsere Recherche.“
Recherche
Im ersten Schritt ging Kramer pragmatisch vor: Er durchsuchte das PDF-Dokument gezielt nach Stichworten wie „Augsburg“. „Ausgehend davon haben wir die Unterschiede zu früheren Verfassungsschutzberichten abgeglichen und neue oder verschwundene Phänomene in unserer Region ausfindig gemacht.“ Im nächsten Schritt nahm die Redaktion die verschiedenen Extremismusbereiche in den Blick. Dabei griff sie auch auf bereits vorhandenes Material zurück: „Kurz zuvor hatten wir eine umfassende Recherche zur Identitären Bewegung in Augsburg veröffentlicht. Diese Ergebnisse konnten wir direkt mit den Einschätzungen des Verfassungsschutzes abgleichen.“
Umsetzung
Thematisch richtet die Redaktion das Augenmerk auf den Rechtsextremismus und die Identitäre Bewegung. Sie stellt die extremistischen Strömungen aber gleichzeitig in einen größeren Zusammenhang. „Wir wollten einen Blick von oben werfen und das gesamte extremistische Spektrum in Augsburg darstellen, also auch Linksextremismus oder islamistische Gruppen.“ Erkenntnisse aus der Beobachtung von Demonstrationen, sozialen Medien oder Chatgruppen sind ebenfalls in den Text eingeflossen.
Herausforderungen
Während der Recherche selbst traten keine größeren Probleme auf. Seit der Veröffentlichung seien Kramer und sein Team jedoch regelmäßig mit Reaktionen aus den betreffenden Szenen konfrontiert. „Da kommen die bekannten Vorwürfe gegen die ‚Systemmedien‘ oder Versuche, die Glaubwürdigkeit des Verfassungsschutzes infrage zu stellen“, sagt Kramer. „Das muss man aushalten, es ist halb so wild.“
Tipps für Kolleginnen und Kollegen im Lokalen
Aus Kramers Sicht ist es entscheidend, Extremismus klar und kritisch zu benennen und zugleich sachlich zu bleiben. „Hintergründe müssen erklärt und kontextualisiert werden, aber immer unaufgeregt. Wir können unseren Leserinnen und Lesern zutrauen, sich auf Grundlage von Fakten ihr eigenes Urteil zu bilden.“
drehscheibe-Tipp
Welche Gruppierungen sind in der eigenen Stadt aktiv? Lassen sich alte Recherchen, etwa zu Demonstrationen oder extremistischen Akteurinnen und Akteuren, mit aktuellen Erkenntnissen aus dem Bericht abgleichen? Ein Zeitstrahl, etwa mit Zeitraum von zehn Jahren, macht die Veränderungen über Jahre hinweg sichtbar.
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